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12 Kilo leichter

Warum René Benko vor Gericht kaum mehr wiederzuerkennen war

Tränensäcke, Augenringe, nur mehr ein Beistrich in der Landschaft: Beim Prozess-Start gegen René Benko blieben die inhaltlichen Erkenntnisse mager. Aber die optische Veränderung des Angeklagten sorgte für viel Gesprächsstoff. Eine Spurensuche.

René Benko wirkte am ersten Prozesstag im Innsbrucker Landesgericht deutlich gealtert
René Benko wirkte am ersten Prozesstag im Innsbrucker Landesgericht deutlich gealtertReuters
Martin Kubesch
Akt. 15.10.2025 00:08 Uhr

Beinahe hätte man ihn übersehen. Als René Benko am Dienstag den Verhandlungssaal am Innsbrucker Landesgericht betrat, wurde er von gut acht Justizwachebeamten flankiert. Jeder einzelne groß und stämmig wie ein Baum. Dazwischen wirkte der angeklagte Ex-Immobilieninvestor nachgerade schmächtig. Nur sein Krawattenknoten war noch dick.

Erst als sich die Männer zurückzogen, war zu erkennen, dass Benko zwischen den Justiz-Hünen nicht nur schmächtig wirkte. Er IST schmächtig geworden. Die neuneinhalb Monate Untersuchungshaft haben ihre Spuren hinterlassen.

Und da der erste Prozesstag in Innsbruck schon nach knapp zwei Stunden zu Ende war und dabei kaum substanziell Neues zutage kam, war Benkos auffällige körperliche Veränderung danach das beherrschende Gesprächsthema. Denn der Milliarden-Jongleur ist nun nicht nur schlanker. Es gibt noch einige weitere Änderungen an seinem Äußeren, wie aufmerksame Beobachter feststellen konnten.

Wie die Untersuchungshaft den ehemaligen Jetset-Milliardär verändert hat, wie er sich gegen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft verteidigt und warum Benko am ersten Prozesstag meist geschwiegen hat – was Sie über den Benko-Prozess wissen müssen:

Zwischen den hünenhaften Justizwachebeamten wirkte René Benko noch schmächtiger
Zwischen den hünenhaften Justizwachebeamten wirkte René Benko noch schmächtiger
Johann Groder / EXPA / picturedesk.com

Was wird in Innsbruck verhandelt?
René Benko soll Vermögenswerte in Sicherheit gebracht haben, damit diese nicht an seine Gläubiger fallen können, behauptet die Staatsanwaltschaft. Das entsprechende Delikt heißt fahrlässige Krida, der Strafrahmen dafür beträgt bis zu zehn Jahre Haft.

Um wie viel Geld geht es?
Knapp 670.000 Euro. Mit etwa 370.000 Euro soll Benko für vier Jahre im Voraus die Miete für eine Nobelvilla im Innsbrucker Stadtteil Hungerburg bezahlt haben, 300.000 Euro soll er an seine Mutter überwiesen haben.

Wofür war die Villa gedacht?
Sie sollte für die Familie Benko als Unterkunft dienen, sollte sie einmal nicht mehr in der riesigen Villa in Innsbruck Igls leben können. Mittlerweile wohnen Benkos Ehefrau Nathalie und ihre drei gemeinsamen Kinder (10, 13 und 15) dort.

Wie lief der erste Prozesstag?
Unspektakulär und kurz, obwohl mehr als 70 Medienvertreter erschienen waren, angeblich sogar win Abgesandter aus Abu Dhabi. Investoren aus dem kleinen Emirat haben einen Schaden von mehreren Milliarden Euro durch die Pleite von Benkos Signa Holding angemeldet.

Signa-Pleitier René Benko wie man ihn bisher kannte: Mit Wohlstandsbäuchlein im Sommer 2024 am Weg zum COFAG-U-Ausschuss im Parlament in Wien
Signa-Pleitier René Benko wie man ihn bisher kannte: Mit Wohlstandsbäuchlein im Sommer 2024 am Weg zum COFAG-U-Ausschuss im Parlament in Wien
Picturedesk

Wie kurz ist kurz?
Nach gut zwei Stunden war alles bereits wieder vorbei. Außer den Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidigung tat sich nicht viel. Benko, für dessen Einvernahme mehrere Stunden vorgesehen waren, beschränkte sich auf ein paar dürre Sätze und erklärte dann, dass es nicht mehr zu sagen gäbe. Und mangels weiterer Zeugen wurde der Verhandlungstag um 11.06 Uhr wieder beendet.

Worüber haben die Menschen danach gesprochen?
Vor allem über das auffällig veränderte Aussehen des Angeklagten. Denn Benko sah bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach seiner Verhaftung Ende Jänner und darauf folgenden neuneinhalb Monaten Untersuchungshaft sichtlich ausgezehrt aus. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen und dicke Tränensäcke, sein Gesicht war bleich, er wirkte abgekämpft. Und Benko hat in der Haft viel Gewicht verloren.

Weiß man, wieviel Benko abgenommen hat?
Die Bild-Zeitung will in Erfahrung gebracht haben, dass es zwölf Kilo sind.

Freiwillig?
Schwer zu sagen. Einerseits soll Benko in seiner Haft ein rigoroses Fitnessprogramm gestartet haben, wie der Nachrichtensender Puls 24 berichtet. Der 48-Jährige absolviert demnach regelmäßig ein Yoga-Programm und soll zum Muskelaufbau auch Liegestütze machen.

Im Landesgericht Innsbruck wurde René Benko der Prozess gemacht, während draußen der Föhn für einen prächtigen Herbsttag sorgte
Im Landesgericht Innsbruck wurde René Benko der Prozess gemacht, während draußen der Föhn für einen prächtigen Herbsttag sorgte
BARBARA GINDL / APA / picturedesk.com

Merkt man etwas von den Liegestützen?
Die Süddeutsche Zeitung entdeckte beim Prozess in Innsbruck, dass Benkos Sakko nicht mehr am Bauch spannt, sondern mittlerweile weiter oben: "Mit verschränkten Armen sitzt er da, sein Anzug spannt hinten an den Schultern", so die Beobachter aus München in ihrer Prozess-Analyse.

Aber der abgespannte Ausdruck kommt nicht von zu viel Yoga …
Das ist wohl korrekt. Es ist schon so, dass massiver Gewichtsverlust auch im Gesicht bemerkbar ist und man dadurch schlaffer und abgespannter wirkt. Aber René Benkos müder Ausdruck und seine bleiche Haut sprechen eine andere Sprache. Und zeugen davon, dass der Workoholic auch in der Haft sein Arbeitspensum weiterhin abspult – nur jetzt eben mit der Vorbereitung seiner Prozesse.

Soll heißen?
Wenn er nicht schläft oder Sport macht, soll der Ex-Investor die meiste Zeit des Gefängnis-Tages dafür nutzen, gemeinsam mit seinen Anwälten an seiner Verteidigungsstrategie zu feilen. Dafür wälzt er von Früh bis spät Akten, ist aus dem Straflandesgericht in Wien, wo Benko seit Jänner einsitzt, zu hören. Dafür übte er sich sogar in Verzicht.

Wie ist das gemeint?
Untersuchungshäftlinge, die sich durch Arbeiten am Gefängnisalltag beteiligen, erhalten dafür Begünstigungen – etwa das Privileg, jeden Tag duschen zu dürfen. Laut Puls 24 hat Benko darauf verzichtet, um keine Zeit für seine Arbeit an der Verteidigungsstrategie verschwenden zu müssen. Sein Anwalt, Norbert Wess, strich das auch in Innsbruck heraus: Benko sei der fleißigste Arbeiter, dem er je begegnet sei.

Benko mit seinem Anwalt Norbert Wess: "Benko ist der fleißigste Arbeiter, den ich kenne", so der Jurist über seinen Mandanten
Benko mit seinem Anwalt Norbert Wess: "Benko ist der fleißigste Arbeiter, den ich kenne", so der Jurist über seinen Mandanten
Johann Groder / EXPA / picturedesk.com

Wie äußert sich das beim Prozess?
René Benko spricht mit leiser Stimme, wenn er was sagt, aber sein verbales Auftreten ist noch genauso forsch und bestimmt, als würde er in der Signa-Zentrale auf der Wiener Freyung hinter seinem riesigen Chef-Schreibtisch sitzen. Viele Prozessbeobachter bezeichnen Benkos Stimmung als kämpferisch, etwa wenn er der Richterin gleich zu Prozessbeginn hinwirft, die Staatsanwaltschaft agiere zynisch.

Was hat Benko im Prozess noch gesagt?
Wenig. Er wollte weder zu seinen Vermögensverhältnissen, noch zu seinen Schulden Stellung nehmen. Aber er bezeichnete sich auf Nachfrage als unbescholten, worauf die Richterin konkretisiert, dass er 2013 wegen Korruption zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden war, die Strafe aber mittlerweile gelöscht sei.

Und die weitere Befragung?
Der entzog sich Benko sukzessive. "Er zieht sich auf schriftliche Kommunikation zurück, will keine Fragen beantworten und verweist immer wieder darauf, dass er ohne seine Mail-Historie und weitere Unterlagen gewisse Dinge nicht mehr erinnern könne", so Kronen Zeitung-Aufdecker und Signa-Buchautor Rainer Fleckl in seiner Analyse des ersten Prozesstages. "Eine Strategie, die René Benko bereits seit Monaten in der U-Haft bei den Befragungen durch die Staatsanwaltschaft  fährt", so Fleckl.

Was war noch auffällig an Benko am ersten Prozesstag?
Die Frisur des Angeklagten. Denn während der Milliardär früher bei seinen wenigen Society-Auftritten vor allem durch eine eher undefinierbare Nicht-Frisur glänzte, trägt er seine Haare jetzt extrem scharf gescheitelt und seitlich kurz rasiert.

Was sagt Benko selbst, wenn er auf seinen neuen Look oder den Gewichtsverlust angesprochen wird?
Gar nichts – was vor allem daran liegt, das der Angeklagte überhaupt nicht öffentlich redet. Und er hat auch sein Anwalts-Team angewiesen, Fragen zu diesem Thema nicht zu beantworten.

Bessere Zeiten: Benko 2019 mit Ehefrau Nathalie Benko beim Hahnenkammrennen in Kitzbühel
Bessere Zeiten: Benko 2019 mit Ehefrau Nathalie Benko beim Hahnenkammrennen in Kitzbühel
Ricardo Herrgott / picturedesk.com

Wie lange dauert der Prozess in Innsbruck noch?
Er soll planmäßig am Mittwoch, dem 15. Oktober, zu Ende gehen. Davor sollen noch zwei Zeugen einvernommen werden. Weitere Einvernahmen sind nicht mehr geplant, da sowohl Benkos Ehefrau Nathalie, als auch seine Mutter Ingeborg und seine Schwester Verena bereits angekündigt haben, sich ihrer Aussagen zu entschlagen.

Welches Urteil ist zu erwarten?
Das ist nach diesem ersten Prozesstag sehr schwer vorherzusagen. Experten sind sich aber einig, dass Benko im Falle eines Schuldspruchs maximal zu drei und einem Drittel Jahren Haft verurteilt wird – ein Drittel des höchsten Strafmaßes.

Und danach?
Das hängt davon ab, wann der zweite Prozess gegen Benko starten kann. Auch dabei geht es um betrügerische Krida, das selbe Delikt, das jetzt gerade verhandelt wird. Allerdings haben Benko und seine Ehefrau Nathalie (sie ist die Zweitbeklagte in der Causa) gegen die Anklage Einspruch erhoben. Und dieser Einspruch wurde vom zuständige Gericht noch nicht entschieden.

Sollte René Benko jetzt freigesprochen werden, kommt er dann aus der U-Haft?
Das ist sehr unwahrscheinlich. Vor allem auch, weil die zuständige Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bereits weitere Anklagen gegen ihn kurz vor der Fertigstellung hat und das Argument für die U-Haft bisher immer "Tatverdacht" und "Tatbegehungsgefahr" gewesen sind. An dieser Sicht würde sich auch durch einen Freispruch in der aktuellen Causa wohl nichts ändern.

Martin Kubesch
Akt. 15.10.2025 00:08 Uhr