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Neue Studie

Zwischen OnlyFans & Ehe: Wie die Gen Z Liebe und Sex sieht

Eine Umfrage enthüllt: Die Generation der 15- bis 30-Jährigen ist in der Liebe für alles offen – theoretisch. In der Praxis sind aber häufig andere Dinge wichtiger als wilde Lust. Warum das so ist, erklären die Erotik-Podcasterinnen Sinah Edhofer und Leonie-Rachel Soyel.

"Die Generation Z hat gerade punkto Sex hohe Ansprüche", sagen die Erotik-Podcasterinnen Sinah Edhofer und Leonie-Rachel Soyel
"Die Generation Z hat gerade punkto Sex hohe Ansprüche", sagen die Erotik-Podcasterinnen Sinah Edhofer und Leonie-Rachel SoyelJulie Brass
Martin Kubesch
Akt. 16.06.2025 23:51 Uhr

Die Generationsforschung hat eine neue Lieblings-Altersgruppe: Die Generation Z, gerne und schmissig auch als "Gen Z" oder "Digital Natives" bezeichnet. Damit sind all jene jungen Menschen gemeint, die zwischen 1995 uns 2010 geboren wurden und – als erste Generation der Geschichte – von Klein auf mit Internet, Smartphones und den Sozialen Medien aufgewachsen sind.

Dazu zählen etwa die Sängerin Billie Eilish (Jahrgang 2001) und die Schauspielerinnen Jenna Ortega (u.a. Netflix-Serie "Wednesday", geb. 2002) oder Millie Bobby Brown ("Stranger Things", geb 2004), aber auch die Sportler Jannik Sinner (geb. 2001), Coco Gauff (aktuelle Paris-Siegerin, geb. 2004) oder der australische Formel-1-Fahrer Oscar Piastri (geb. 2001).

Eben noch in Wien: Billie Eilish ist eine klassische Vertreterin der Generation Z
Eben noch in Wien: Billie Eilish ist eine klassische Vertreterin der Generation Z
Reuters

Wer ist die Gen Z? Während sich die sogenannten Babyboomer (Geburtsjahrgänge 1946 bis 1964) meist in den Ruhestand verabschiedet haben, die Generation X (1965 bis 1980) nach Möglichkeiten sucht, länger im Arbeitsleben zu bleiben, um auf eine brauchbare Pension zu kommen, und die "Millennials" der Generation Y (1980 bis 1994) dabei sind, das Ruder in der Wirtschaft zu übernehmen, gilt die Gen Z, in vielen Bereichen noch als wissenschaftlich unbeschriebenes Blatt. Und ganz oben steht dabei das Thema Sex.

So ambivalent ticken die Digital Natives Was man bislang über die Wünsche, Ziele und Bedürfnisse der Gen Z weiß, zeichnet ein Bild, das geprägt ist von einer großen Sehnsucht nach Sinnhaftigkeit einerseits und Selbstbestimmung andererseits. Die Digital Natives gelten im Berufsleben als wertorientiert, sozial engagiert und sensibel, gleichzeitig sind sie hypervernetzt und immer online. Eine ausgewogene Work-Life-Balance ist ein Must-have und der Karriere wird bei weitem nicht das ganze Leben untergeordnet.

Und wenn das Licht ausgeht? Aber während man über das Job-Ethos der Gen Z mittlerweile einigermaßen gut Bescheid weiß, widmete sich bislang noch kaum eine Untersuchung der Frage, wie diese Generation erotisch tickt. Was denken jungen Menschen 20 Plus über Liebe, Sex und Zweisamkeit? Und wie wünschen sie sich ihr eigenes Liebesleben?

Welche Generationen es gibt

  • Babyboomer Jahrgänge zwischen 1946 und 1964
  • Generation X 1965 bis 1980
  • Generation Y (Millennials) 1980 bis 1994
  • Zillenials 1992 bis 2002
  • Generation Z 1995 bis 2010
  • Generation Alpha 2010 bis heute
Arbeiten bis Mitternacht? Das bleibt den Generationen X und Y überlassen, die Digital Natives legen großen Wert auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance
Arbeiten bis Mitternacht? Das bleibt den Generationen X und Y überlassen, die Digital Natives legen großen Wert auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance
Getty Images

Die Umfrage: Dem Sex der Generation Z auf der Spur

Was muss man über die Umfrage wissen?
Die traditionsreiche britische Tageszeitung the Times ließ in einer landesweiten, groß angelegten Umfrage unter insgesamt 1.161 jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 27 Jahren erheben, wie die Generation Z über Liebe, Sex und Partnerschaft denkt.  Und sie stellte die Ergebnisse einer mehr als 20 Jahre alten Studie gegenüber: Im Jahr 2004 wurden insgesamt 1.004 Angehörige der "Vorgänger-Generation", der "Millennials" (vulgo Gen Y), bezüglich ihrer diesbezüglichen Einstellungen befragt.

Die wichtigsten Ergebnisse der Times-Umfrage

  • Für die Gen Z ist die Ehe als Institution wichtiger als für Millennials
  • One Night Stands sind bei der Gen Z hingegen ziemlich out
  • Das Internet als Sex-Plattform wird immer wichtiger
  • Sex ohne Achtsamkeit ist für die Gen Z ein No-go
  • LGBTQ-Themen werden von der Generation Z sehr ernst genommen

Wie tickt die Gen Z in Österreich erotisch?
Damit beschäftigen sich die Podcasterinnen Sinah Edhofer, 29, und Leonie-Rachel Soyel, 34. In ihrem Sex-Podcast "Couchgeflüster" thematisieren die beiden jene Topics, die viele aus der Gen Z beschäftigen. Für Newsflix erläutern sie die Ergebnisse der aktuellen Umfrage.

Immer online: Die Gen Z ist die erste Generation, die mit Smartphones und Social Media aufgewachsen ist
Immer online: Die Gen Z ist die erste Generation, die mit Smartphones und Social Media aufgewachsen ist
Getty Images

Kann man die britische Umfrage auf Österreich umlegen?
Ja. Zwar sind Generationen "immer Kontext-abhängig und 'funktionieren' in einem Land anders als in einem anderen", sagt der deutsche Wirtschaftsforscher Martin Klaffke. Aber: Eine Generation definiere sich dadurch, dass Menschen, die in einem bestimmten Zeitfenster aufgewachsen sind, vom jeweiligen Zeitgeist und spezifischen Ereignissen, die in diese Zeit geschehen sind, geprägt werden.

Die Ergebnisse: So denkt die Gen Z über Liebe und Partnerschaft

1: Die Ehe hat für die Gen Z wieder mehr Bedeutung
Während bei der Umfrage im Jahr 2004 die Ehe für 4 von 10 Befragten noch eine "irrelevante Institution" darstellte, sind es aktuell nur mehr 2 von 10 Befragten, die dieser Meinung sind. Und: Ein Drittel der von der Times interviewten aus der Gen Z erklärte sogar, es sei für ein Paar besser, zunächst verheiratet zu sein, bevor es Kinder bekommt. Das sind Zustimmungswerte für die Ehe, wie man sie sonst nur von der Generation 65 Plus bekommt.

Ist die Zustimmung der Generation Z zur Ehe ein konservatives Statement?
Nein. "Ehe heißt heute nicht mehr, dass es für immer sein muss", so die 25-jährige Online-Producerin Charlie Sawyer in der Times. Das Prinzip "Trial and Error" sei für die Gen Z in Beziehungsfragen keine Drohung, sondern vielmehr eine Chance, Erfahrungen zu machen.

Steht die Generation Z der Ehe also gleichgültig gegenüber?
Keineswegs, sagt Podcasterin Leonie-Rachel Soyel: "Viele aus der Gen Z haben Scheidungen im eigenen Umfeld erlebt und gehen deshalb bewusster und reflektierter an das Thema Ehe heran." Sie würden sich nach echter Nähe und Verbindlichkeit sehnen, als Gegenpol zu oberflächlichem Dating und emotionaler Unsicherheit. "Dazu kommt: Ehe wird heute freier gelebt, ohne starre Rollenbilder", so Soyel.

Streaming statt Sex – nicht selten gewinnt die Fernbedienung das Match
Streaming statt Sex – nicht selten gewinnt die Fernbedienung das Match
Getty Images

2: Die Gen Z ist wesentlich treuer als die Millennials
Die Seitensprung-Bereitschaft in der Gen Z ist dramatisch geringer als noch vor 20 Jahren, so das vielleicht überraschendste Ergebnis der Times-Umfrage. Galten gelegentliche One-Night-Stands, unabhängig vom Beziehungs-Status, vor 20 Jahren noch für 78 Prozent als nicht ungewöhnlich, so sind es heute nur mehr 23 Prozent, die so denken.

Liegt das tatsächlich daran, dass die jungen Menschen heute "braver" sind?
Nicht zwangsläufig. Vielmehr seien viele Betroffene aus der Generation Z vom "Partnerschaftsmarkt", der vor allem Dating-Apps beherrscht wird, angewidert. Und würden, einmal in einer fixen Beziehung, diese nicht aus einer Laune heraus aufs Spiel setzen.

Und wer in keiner fixen Beziehung lebt?
Ist trotzdem heute weniger häufig bereit, sich auf ein unverbindliches erotisches Abendteuer einzulassen als eine Generation zuvor, sagt Podcasterin Leonie-Rachel Soyel. "Obwohl heute jeder permanent am Handy hängt, fühlen sich viele junge Menschen einsam", so die Beziehungsexpertin. Es fehle an echter, tiefer Verbindung. Anstatt wegzugehen, zu flirten und spontane Nähe zuzulassen, bleiben viele lieber daheim und surfen auf Social Media. "Das Bedürfnis nach Nähe ist da, aber der Weg dorthin ist für viele blockiert."

3: Das Internet als Sex-Plattform wird immer wichtiger
Die Zahl der Möglichkeiten, sich im Web mit der eigenen Sexualität auseinanderzusetzen, stieg in den letzten Jahren ebenso deutlich wie deren gesellschaftliche Akzeptanz. Gleichzeitig sank der Konsum von Internet-Pornografie. Vor 20 Jahren war es noch für 58 Prozent der Millennials eine Selbstverständlichkeit, im Web Pornos zu schauen. Bei der aktuellen Umfrage sank dieser Wert auf 40 Prozent.

Dating Apps haben die Spielregeln der Partnersuche ein für alle Mal verändert
Dating Apps haben die Spielregeln der Partnersuche ein für alle Mal verändert
Getty Images

Warum das Web der neue Ort für erotische Selbstdarstellung ist
"Die vielen neuen Möglichkeiten, Sex im Internet zu erleben, sei es durch Dating-Apps, diverse soziale Medien oder Plattformen wie OnlyFans, verändern tatsächlich die Art, wie junge Menschen Nähe und Sexualität erleben", so Podcasterin Sinah Edhofer. Neue Plattformen würden jungen Menschen Freiräume bieten, sich auszuprobieren und neue Formen der Sexualität zu entdecken, so ihre Kollegin Leonie-Rachel Soyel. "Für viele ist das eine Art von Empowerment, bei der sie mit ihrer eigenen Erotik experimentieren.

4: Sex ohne Achtsamkeit ist für die Gen Z ein No-go
Die Times-Umfrage bringt diese Entwicklung ganz klar zum Ausdruck. Waren 2004 für mehr als die Hälfte der Befragten, konkret 52 Prozent, sexuelle Abenteuer ohne Kondom außerhalb der eigenen Beziehung noch gang und gäbe, so sank diese Zahl 2024 um mehr als zwei Drittel auf 16 Prozent. Für Harry Benson, den Forschungsleiter der britischen "Marriage Foundation", ist das eine Gegenreaktion der Gen Z auf die "Laissez-faire"-Einstellung früherer Generationen.

Auch Österreich wird erotisch achtsamer
Eine ganz ähnliche Entwicklung erkennen die Erotik-Podcasterinnen von "Couchgeflüster" auch in Österreich. "Für viele junge Menschen geht es beim Dating nicht mehr nur um Spaß, sondern auch darum, dass sie selbst und ihre Partnerinnen oder Partner sich emotional gut fühlen", so Leonie-Rachel Soyel. "Verantwortung und Achtsamkeit sind wichtiger geworden."

5: LGBTQ-Themen sind für die Gen Z wichtig
In Großbritannien wird das Thema der Rechte für Menschen aus der LGBTQ-Community seit Jahren heiß diskutiert. Vor allem die Frage, welche Rechte und Möglichkeiten Trans-Frauen haben sollten, spaltet das Land und führte erst vor wenigen Wochen zu einem Aufsehen erregenden Gerichtsurteil. Nun zeigt die aktuelle Umfrage der Times: Für die Generation Z sind die rechte von Transgender-Personen ein überproportional wichtiges Thema.

Demonstration von Trans-Frauen in London: Bei der Gen Z stehen die Rechte von Trans-Personen hoch im Kurs
Demonstration von Trans-Frauen in London: Bei der Gen Z stehen die Rechte von Trans-Personen hoch im Kurs
Tayfun Salci / Zuma / picturedesk.com

Was denkt die Gen Z über Trans-Personen?
Die Ergebnisse der Times-Umfrage in Kurzform: 56 Prozent sagen, dass Trans-Frauen Damentoiletten benutzen dürfen sollten, 47 Prozent würden ihnen auch den Zugang zu Frauenabteilungen in Spitälern ermöglichen, 53 Prozent sehen die Frauenrechte durch die Zugeständnisse für Trans-Frauen nicht gefährdet und sogar 61 Prozent befürworten geschlechtsanpassende Maßnahmen bei Schulkindern (also etwa weibliche Frisuren und Kleider bei männlich geborenen Kindern). Nur die Inklusion von Trans-Frauen in den Frauensport wird mehrheitlich abgelehnt – nur 26 Prozent der Befragten sind dafür.

Warum verfängt das Trans-Thema bei der Gen Z gar so sehr?
"Die Generation Z wächst mit dem Wissen auf, dass es viele verschiedene Konzepte von Beziehungen und Liebe gibt und dass Geschlechter nicht binär sein müssen", sagt Sinah Edhofer. "Jede Generation hat ihre eigenen thematischen Flaggschiffe und wer behauptet, die Jugend wäre unpolitisch und interessiere sich für nichts, hat hier das perfekte Gegenbeispiel.

Die Gegenwart: So liebt die Generation Z wirklich

Fast jeder Zweite ist Single
Laut einer US-Umfrage, aus der das Magazin Newsweek zitiert, ist beinahe jeder Zweite (46 Prozent) aus der Generation Z alleinstehend. Zum Vergleich: bei den Millennials sind es 28 Prozent, bei der Generation X 26 Prozent und bei den Babyboomern 22 Prozent.

Weshalb das so ist:
Viele Menschen aus der Gruppe der Gen Z würden zwar eine Sehnsucht nach Partnerschaft und Nähe haben, dieses Thema aber bewusst hintanstellen und andere Prioritäten setzen, sagt Beziehungs-Podcasterin Leonie-Rachel Soyel. "Viele arbeiten zunächst lieber an sich selbst – Stichwort Mental Health, Karriere, Selbstverwirklichung." Beziehungen würden ganz bewusst auf später verschoben.
Und ihre Kollegin Sinah Edhofer ergänzt, dass Vielen auch das positive Beziehungs-Vorbild fehlen würde: "Sie haben bei ihren Eltern mit eigenen Augen gesehen, wie Beziehungen scheitern können und wollen sich das oft einfach ersparen."

Mental Health Care statt Partnersuche: Fast jeder Zweite aus der Gen Z ist Single
Mental Health Care statt Partnersuche: Fast jeder Zweite aus der Gen Z ist Single
iStock

Enthaltsamkeit und Sex-Pausen werden bewusst gewählt
Ein Faktum, mit dem die Partnerschafts-Podcasterinnen zunehmend konfrontiert werden, wie sie berichten. Die Gen Z verharre nicht mehr um jeden Preis in einer Beziehung, umso mehr, wenn diese als toxisch erkannt wird.

Weshalb das so ist:
Der Faktor Achtsamkeit ist auch hier ausschlaggebend, und zwar gegenüber sich selbst. "Es geht vielen jungen Leuten darum, in sich hinein zu hören und die eigenen Wünsche und Bedürfnisse nicht zu übersehen", so Sinah Edhofer. Und ehe man sich auf eine Beziehung einlasse, die vielleicht nicht dem entspreche, was man gerade benötige, bleibe man lieber alleine und kümmere sich um die eigenen Bedürfnisse. Motto: Lieber abends Streaming und acht Stunden Schlaf als schlechter Sex und eine lieblose Beziehung.

Die Gen Z ist bei der Partnerwahl sehr wählerisch
Auch hier ist die Beobachtung der jungen Zielgruppe ausschlaggebend für den Befund der Podcasterinnen. Lieber alleine bleiben, als sich mit Kompromissen zufrieden zu geben, sei bei vielen Menschen den Gen Z an der Tagesordnung.

Weshalb das so ist:
Leonie-Rachel Soyel: "Viele in der Gen Z haben hohe Ansprüche punkto Partner, und das ist auch gut so." Gleichzeitig fehle aber manchmal die Kompromissbereitschaft oder die Fähigkeit, Konflikte in einer Beziehung auszuhalten. "Partnerschaften brauchen Arbeit, Geduld und Selbstverantwortung", so Soyel. Diese Attribute müsse man erlernen. Wer damit aber nicht rechtzeitig beginnt, wird sich immer schwerer damit tun, sich künftig auf andere einzulassen.

Martin Kubesch
Akt. 16.06.2025 23:51 Uhr