Wenige Minuten vor der Landung in Schwechat wurde am Samstag ein Airbus A220 mutmaßlich von einem Laserpointer geblendet. Das Licht wurde auch im Cockpit bemerkt, der Pilot meldete aber keinen Zwischenfall. Davor kam das heuer in Wien schon 19 Mal vor.
Flug AFR95NP war am Samstag um 21.26 Uhr vom Flughafen Paris-Charles de Gaulle abgehoben. Die Maschine sollte um 22.55 Uhr in Wien-Schwechat ankommen, sie schaffte es drei Minuten vorzeitig. Vor der Landung aber kam es zu einem Vorfall, der einige Passagiere an Bord irritierte. "Ich saß rechts in dem Airbus und wurde von grellem Laserlicht geblendet" schilderte ein Fluggast Newsflix.
Aber: Im Tower des Flughafens kam keine Meldung aus dem Cockpit an. Auch bei der Austro Control wurde man über den Zwischenfall nicht informiert. Warum das so ist, was passiert sein könnte und wie oft das vorkommt:
Sind Laserlichter ein häufiges Problem?
Oh ja, und das weltweit. Die FAA (Federal Aviation Administration) registrierte 2024 allein in den USA 12.840 Laser-Angriffe auf Flugzeuge.
Steigen die Zahlen?
Ja, zumindest haben sie sich auf hohem Niveau stabilisiert. Höhepunkt war das Jahr 2023 mit 13.304 Meldungen, 2019, also noch vor der Pandemie, gab es nur 6.136 Anzeigen. Heuer hält die FAA bei 5.913.
Warum ist das ein Problem?
Weil die Flugsicherheit durch solche Aktionen massiv gefährdet wird. Laserstrahlen könnten bei Piloten zu Blendungen, "Flash Blindness", einer Sehstörung durch eine starke Lichtquelle, oder zu "Veiling Glare" führen, man sieht dann nur mehr schleierhaft.
Wie oft kommt so etwas in Wien vor?
Häufiger als man denken würde. Bei der Austro Control wurden heuer von Fluggesellschaften bereits 19 Blendungen durch Laserpointer gemeldet. Im gesamten Vorjahr waren es 25. Im Jahr davor sogar 33. Im Coronajahr 2021 kam es zu 14 gemeldeten Vorfällen.
Welche Arten von Attacken gibt es?
Man muss den zivilen Bereich und den militärischen Bereich, in dem Laser-Attacken strategisch eingesetzt werden, auseinanderhalten. Trivial ist keiner davon. Es mussten wegen Blendungen schon Landeanflüge abgebrochen oder Notlandungen eingeleitet werden.
Das ist also kein harmloser Streich?
Nein, absolut nicht. Es handelt sich um eine vorsätzliche Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt. Das kann Haftstrafen von einem bis zu zehn Jahren nach sich ziehen. Wenn Menschen zu Schaden kommen, können die rechtlichen Folgen noch gravierender sein.
Wann gab es im militärischen Bereich den letzten Zwischenfall?
Bekannt wurde, dass Anfang Juli ein Aufklärungsflugzeug der deutschen Bundeswehr im Roten Meer von einem chinesischen Kriegsschiff mit einem Laser geblendet wurde. Das deutsche Auswärtige Amt machte den Vorfall selbst auf X publik. In diesem Fall kam kein Laserpointer, sondern ein Blendlaser zum Einsatz.
Was passierte diesmal in Wien?
Die Air France setzte am Samstagabend zur finalen Flugphasen an, als Passagiere auf der rechten Gangseite ein grelles grünes Licht bemerkten, das vom Boden aus in die Maschine eindrang. Das erzählt ein Augenzeuge, der in dem Airbus A220-300 war (dem Autor persönlich bekannt).
Bemerkte die Besatzung etwas?
Nach der Landung sprach der Passagier die Cockpit-Besatzung auf den Vorfall an. Der Pilot sagte, für ihn habe sich keine Beeinträchtigung ergeben, der Copilot gab an, das Licht bemerkt zu haben.
Wie ist in einem solchen Fall der übliche Vorgang?
Der Tower wird unmittelbar informiert, auch um nachfolgende Flugzeuge zu warnen. Auch die Polizei wird eingeschaltet, um die Verursacher auszuforschen. Zu schaffen ist das selten.
Passierte das diesmal?
Nein, aus der Air France kam keine Warnmeldung, auch andere Maschinen, die rund um diesen Zeitpunkt Wien ansteuerten, meldeten keinen Zwischenfall.
Wie kann das sein?
Darüber können nur Vermutungen angestellt werden. Die simpelste Erklärung: Die Cockpit-Besatzung stufte den Vorgang als zu geringfügig ein, um ihn von der Meldepflicht erfasst zu sehen.
Muss so etwas gemeldet werden?
Ja, es gibt dazu ein standardiertes Verfahren, es wird über eine zentrale Meldestelle abgewickelt. Dafür müssen auch Formulare ausgefüllt werden.
Gab es Vermutungen über die Ursache?
Ja, die Austro Control dachte zunächst, es könnte sich um die Auswirkungen der Lichtshow eines Raves handeln. Am Freitag und Samstag fand auf der Besucherterrasse des Flughafens Wien-Schwechat das Aerum Gaudium 2.0 statt.
Was ist das?
Am Samstag gaben von 14 bis 23 Uhr insgesamt acht DJs Gas. Musikstil: von Techno bis Hard Dance. Die Veranstaltung war in Windeseile ausverkauft. Aber sie war nicht die Ursache für die Blendung.
Warum nicht?
Weil sich der Zwischenfall schon vor Wien-Schwechat ereignete. Die Air France landete auf Piste 16 in südlicher Richtung. Der Airbus hatte Wien im Norden umflogen und dann eine Schleife gezogen. Die Blendung passierte vor dem Einflug in das eigentliche Stadtgebiet.
Wie reagiert ein Pilot auf einen schweren Laserpointer-Angriff?
Das schilderte das Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt anhand eines tatsächlichen Zwischenfalls. Der Kapitän befahl der Crew, die Köpfe unten zu halten und sich nur noch auf die Instrumente zu konzentrieren. Als die Laserattacke nicht endete, schaltete der Pilot alle Bordlichter aus. Erst dann wurde der Angriff eingestellt.
Wie groß ist das Problem in der Schweiz?
Offenbar massiver als in Österreich. In der Schweiz wurden im Vorjahr 189 Angriffe mit Laserpointern und dergleichen registriert. Mehr als das Vierfache im Vergleich zu 2020.
Sind Laserpointer eigentlich verboten?
Das kommt auf die Klassifizierung an. Die EU-Norm EN 50689 regelt das für die Europäischen Union: Seit September 2024 sind nur noch Geräte der Laserklassen 1 und 2 gestattet. Die maximal erlaubte Leistung wurde auf 1 Milliwatt begrenzt.
Das gilt auch in Österreich?
Ja, auch hier dürfen nur Produkte der Laserklassen 1 oder 2 verkauft werden, regelt die "Laserpointerverordnung". Das ändert natürlich nichts daran, dass stärkere Geräte illegal verkauft werden. Es ist wie bei den Silvester-Feuerwerken.