Ein Wettbetrugs-Skandal erschüttert die US-Basketball-Liga NBA. Es geht um aufwändig manipulierte Pokerspiele, gefakte Wetten und Mafiosi, die Druck auf unwillige Opfer ausübten. Zu den 31 Verdächtigen gehören auch ein Star-Trainer und ein aktiver Spieler.

Den Saisonstart 2025/26 hatten sich US-Basketballfans vermutlich anders vorgestellt. Die Profiliga NBA ist gerade einmal einen Spieltag alt, als die Bundespolizei FBI am Donnerstag die Bombe platzen lässt.
Nach jahrelangen Ermittlungen in elf Bundesstaaten, wurden 31 Personen wegen illegalem Glücksspiel und Wettbetrug verhaftet, darunter drei prominente Spieler bzw. Trainer aus der NBA, die am Tag zuvor noch auf dem Platz gestanden sind.
Bei ihren Manipulationen sollen sich die Tatverdächtigen dabei einerseits modernster Technik wie einem Röntgentisch und manipulierten Kontaktlinsen bedient haben. Andererseits verließ man sich auf die schlagenden Argumente von Mitgliedern der New Yorker Mafia, die als Gegenleistung einen Anteil an der Beute in Millionenhöhe erhalten haben soll. Auch mehrere "Mobster" sollen verhaftet worden sein.
Um wen es sich bei den prominenten Tatverdächtigen handelt, wie sie betrogen haben sollen und wie ihnen die Behörden schließlich auf die Schliche gekommen sind – das müssen Sie über den Betrugs-Skandal in der NBA wissen:

Worum geht es?
Die US-Profi-Basketball-Liga NBA (National Basketball Association) wurde am Donnerstag vom größten Betrugsskandal der jüngeren Geschichte erfasst. Wie das FBI in einer Pressekonferenz bekannt gab, wurden 31 Verdächtige verhaftet, die mit zwei verschiedenen Betrugs-Maschen insgesamt mehrere Millionen Dollar erbeutet haben sollen. FBI-Chef und Trump-Vertrauter Kash Patel höchstpersönlich leitete die Pressekonferenz.
Es sind auch prominente Namen unter den Verhafteten?
Ja, auf der einen Seite der frühere Top-Spieler und nunmehrige Cheftrainer der Portland Trail Blazers, Chauncey Billups, 49 sowie der ehemalige NBA-Spieler Damon Jones, 49. Und auf der anderen Seite der noch aktive Spieler Terry Rozier, 31, von den Miami Heat.
Wie prominent ist prominent?
Vor allem Chauncey Billups ist in den USA eine große Nummer, er gewann unter anderem 2004 mit den Detroit Pistons die Meisterschaft und ist seit 2024 Mitglied in der "Basketball Hall of Fame", der Ruhmeshalle des US-Basketballs.
Was wird den Verdächtigen vorgeworfen?
Billups und Jones sollen ab 2019 über Jahre an manipulierten illegalen Poker-Partien teilgenommen haben, bei denen ahnungslose Opfer (diese wurden angeblich als "Fische" bezeichnet) über den Tisch gezogen wurden.
Wie ist das vor sich gegangen?
Den Angeklagten wird vom FBI vorgeworfen, modernste Technologie zum Einsatz gebracht zu haben, um ihre Opfer zu betrügen. Dabei kamen digital manipulierte Kartenmischmaschinen zum Einsatz. Einige Verdächtige sollen zudem spezielle Brillen oder Kontaktlinsen getragen haben, die es ihnen ermöglichten, geheime Kennzeichnungen auf dem Rücken der Karten zu sehen. Sogar ein "Röntgentisch", der die Karten "lesen" konnte, sowie ein Pokerchip-Tablett mit versteckten Kameras seien eingesetzt worden.

Was war die Aufgabe der NBA-Stars?
Sie waren die Lockvögel für betuchte Sportfans, die schon immer einmal mit ihren Idolen abhängen und dabei pokern wollten. Alle anderen Mitspieler gehörten zur Verschwörung, der Dealer ebenso. Ein von vorne bis hinten abgekartetes Spiel.
Was war die Rolle der Mafia?
Das FBI wirft 13 Mitgliedern von drei der insgesamt fünf New Yorker Mafia-Clans (die "Fünf Familien") vor, bei den Betrügereien mitgemischt zu haben. Es geht dabei konkret um die "Familien" Bonanno, Genovese und Gambino. Die Mobster sollen Locations und Knowhow zur Verfügung gestellt haben und auf jene Opfer, die ihre Spielschulden nicht gleich bezahlen wollten, Druck ausgeübt haben.
Wie viel wurde den Opfern bei diesem System abgenommen?
Laut Joseph Nocella, Staatsanwalt für den Eastern District von New York, seien den ahnungslosen Opfern pro Spiel zehntausende, manchmal hunderttausend Dollar abgenommen worden. Insgesamt würde sich der Schaden auf mindestens sieben Millionen Dollar belaufen. Einem einzigen Opfer seien alleine insgesamt 1,8 Millionen Dollar abgenommen worden.
Was ist mit dem Geld weiter geschehen?
Es wurde "gewaschen", mittels Banküberweisungen und Kryptowährungs-Tricks, ehe es schließlich verteilt wurde, so die ermittelnden Behörden. Der Codename der Behörden für die Untersuchung lautete übrigens "Operation Royal Flush".
Und worum geht es bei der zweiten Betrugsmasche?
Hier wird dem noch aktiven NBA-Spieler Terry Rozier vorgeworfen, Wetten manipuliert zu haben.
Wie soll das passiert sein?
Rozier soll bei einem Spiel der Charlotte Hornets (damals sein Verein) gegen die New Orleans Pelicans am 23. März 2023 eine Fußverletzung vorgetäuscht haben und damit schon nach wenigen Spielminuten vom Platz gegangen sein. In den Betrug involvierte Mittäter hätten im Vorfeld des Spiels genau auf solch eine Situation gewettet und so einen riesigen Gewinn eingefahren.
War das der einzige Wettbetrug?
Nein, insgesamt sollen die Wetten bei sieben Spielen zwischen Februar 2023 und März 2024 manipuliert worden sein. Bei zwei Spielen soll auch Damon Jones, der beim Poker-Betrug mitgemischt haben soll, mit von der Partie gewesen sein.

Hat er selbst gespielt? Mit 48?
Nein, aber er soll seine langjährigen Beziehungen zu einigen Spielern und Trainern genutzt haben , um an Insider-Informationen zu gelangen, die dann für Wetten eingesetzt wurden.
Seit wann kann man darauf wetten, ob sich ein Spieler verletzt?
Das geht nicht. Aber man kann etwa darauf wetten, ob ein Spieler bei einem Spiel eine Punkte-Leistung erbringt, die seinem Durchschnittswert der Saison entspricht, oder ob seine Leistung darüber oder darunter liegen wird. Diese spezielle Form der Wetten nennt sich Props-Wetten (für Proposition), bei denen nicht auf ein Spielergebnis, sondern auf bestimmte Ereignisse oder Leistungen innerhalb des Spiels oder Wettbewerbs gewettet wird. Etwa "wie viele Eckbälle wird ein Fußballteam in der ersten Halbzeit haben?"
Und worauf wurde hier gewettet?
Bei Terry Rozier ging es darum, ob er den Punkteschnitt seiner letzten Spiele (21 Punkte) auch in diesem Spiel erreichen würde. Da er bereits nach wenigen Minuten "verletzt" ausschied, war dem nicht so – und jene, die darauf viel Geld gewettet hatten, wurden reich.
Und Rozier hat auf sich selbst gewettet?
Über Mittelsmänner, die ihm seinen Anteil später nach Hause gebracht hätten, so die ermittelnden Behörden am Donnerstag.
Fällt denn so etwas nicht auf?
Doch, die Algorithmen der Wettanbieter stellten seinerzeit ungewöhnlich hohe Wetten auf diesen sehr speziellen Fall fest und schlugen Alarm. Die NBA leitete sogar eine Untersuchung ein, konnte damals aber "keinen Verstoß gegen die NBA-Regeln" erkennen.
Was sagt Terry Rozier selbst?
Er wies über seinen Anwalt sämtliche Vorwürfe zurück und erklärte, diese würden auf "spektakulär unglaubwürdigen Quellen und nicht auf tatsächlichen Beweisen für ein Fehlverhalten" beruhen. Und er würde gegen die Anschuldigungen ankämpfen: "Terry ist kein Spieler, aber er scheut keinen Kampf und freut sich darauf, diesen Kampf zu gewinnen", so sein Anwalt James Trusty.

Und was sagt die NBA?
Dass man die Vorwürfe "äußerst ernst" nehme und die Integrität des Spiels "für uns weiterhin höchste Priorität" habe. Die beiden aktiven NBA-Sportler Terry Rozier und Chauncey Billups seien mit sofortiger Wirkung von ihren Teams beurlaubt worden und die NBA selbst sei dabei, die Anklagen zu prüfen und werde dafür weiterhin mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten.
Ist das der erste Betrugsfall in der NBA?
Nein. Erst im Juli 2024 bekannte sich der Spieler Jontay Porter von den Toronto Raptors (dem Team des Österreichers Jakob Pöltl) schuldig der Verschwörung zum Überweisungsbetrug. Ihm wurde auch vorgeworfen, seine eigenen Leistungen manipuliert zu haben, um Props-Wetten auf seine Performance zu ermöglichen.
Welche Strafe bekam er?
Das Gerichtsurteil dazu soll im Dezember gefällt werden, die NBA sperrte den 25-Jährigen aber bereits lebenslang. Laut den US-Behörden würden auch die heute präsentierten Ermittlungsergebnisse in Zusammenhang mit den Erhebnungen gegen Porter stehen.
War das der Auslöser der FBI-Ermittlungen?
Nein, der "Fall Porter" fügte sich nur ins Bild. Aber die Ermittlungen der Bundespolizei laufen bereits seit mehr als vier Jahren. Laut dem ehemaligen New Yorker Staatsanwalt Seth Zuckerman, der heute als Strafverteidiger arbeitet, habe das FBI offenbar einen Insider als Tippgeber, der sie auf diese Spur führte. "Wahrscheinlich haben sie Hilfe von einem Mitverschwörer, der ihnen erklären kann, wie das Komplott funktionierte", so Zuckerman zur BBC.

Weswegen sind derartige Wetten überhaupt erlaubt?
Das Verhältnis der Amerikaner zum Thema Glücksspiel und Sportwetten ist – wie so vieles – höchst ambivalent. In den meisten Bundesstaaten waren Glücksspiel und Sportwetten von 1992 bis 2018 verboten, nur der Staat Nevada (Las Vegas, Reno!) sowie einige Gebiete unter der Verwaltung amerikanischer Ureinwohner ließen es zu. Erst 2019 wurden Sportwetten im gesamten Land legalisiert – und erlebten sofort einen gewaltigen Boom.
Was bedeutet das?
Laut der American Gaming Association wetteten die Amerikaner in den ersten acht Monaten 2025 über offizielle Wettanbieter fast 100 Milliarden Dollar (!) auf Sportereignisse – ein Anstieg von zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und da sämtliche großen Profi-Ligen (NBA / Basketball, NFL / American Football, NHL / Eishockey und MLB / Baseball) an diesem Kuchen ordentlich mitnaschen, ist nicht davon auszugehen, dass es hier wieder zu Einschränkungen kommt. Der Geist ist aus der Flasche – und wird es auch bleiben.