Wegen einem Bericht über einen angeblichen Brief Trumps an Jeffrey Epstein, verklagte der US-Präsident das Wall Street Journal am Freitag auf 10 Milliarden Dollar. Zuvor leitete er die Freigabe weiterer Justiz-Akten über den verurteilten Sexualstraftäter ein.
Kein Tag ohne neuen Höhepunkt – oder auch Tiefpunkt, je nach Blickwinkel – in der Berichterstattung über die sogenannte "Epstein-Affäre". Also die Aufarbeitung jenes riesigen Sex-Skandals rund um den 2019 verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein und sein hochkarätiges Umfeld aus Prominenten, Politikern und Geldadel, in dem mutmaßlich hunderte junge Frauen und Mädchen skrupellos missbraucht und sexuell ausgebeutet wurden.
Im Präsidentschaftswahlkampf 2024 wurde Trump nicht müde zu betonen, dass er "jenen demokratischen Sumpf", der die Machenschaften Epsteins erst möglich gemacht habe, ein für alle Mal aufklären werde, sobald er wieder im Weißen Haus sitzen würde. Trumps Anhänger der MAGAS-Bewegung ("Make America Great Again") nahmen das für bare Münze – ungeachtet der Tatsache, dass Epstein und Trump früher enge Buddies gewesen waren, die offenbar mehr als nur ein gemeinsames Interesse teilten.
Doch mit Amtsantritt verlor Trump zunehmend jedes Interesse an einer Aufklärung. Das gipfelte darin, dass er seine höchsten Justizvertreter Anfang Juli erklären ließ, dass es in der Affäre gar nichts mehr aufzuklären gäbe. Licht aus, die Show ist vorbei.
Das wollten Trumps Anhänger wiederum nicht hinnehmen. Und so schaukelt sich das Thema jetzt seit zwei Wochen von Stunde zu Stunde weiter auf und ist mittlerweile zur größten innenpolitischen Gefahr für den Präsidenten geworden. Denn erstmals seit seiner Wiederwahl, sind es nicht die politischen Gegner, die gegen seine Entscheidungen Sturm laufen, sondern seine eigenen Leute.
Nach tagelangem Hin und Her zwischen Trump-Fans und politischen Gegnern sowie mehreren neuen Enthüllungen zu den früheren Beziehungen zwischen Trump und dem verstorbenen Epstein, zog der US-Präsident am Freitag die Notbremse. Er wies Justizministerin Pamela Bondi an, neues Material über den Sex-Skandal freizugeben - und hofft damit, die Gemüter erst einmal zu beruhigen.
Weshalb der US-Präsident in der Causa Epstein so auffallend dünnhäutig agiert, wie gut Trump Jeffrey Epstein angeblich wirklich kannte, welche Geheimnisse es in den unveröffentlichten Ermittlungsakten gegen den Sexualstraftäter noch geben könnte und warum die Unzufriedenheit der MAGA-Basis mit Trumps Vorgehen zu einem echten Problem für das Weiße Haus werden könnte – was man über den Fall Epstein, Donald Trumps merkwürdiges Verhalten und die jüngsten Entwicklungen in der Sache wissen muss:
Worum geht es hier?
Kurz gesagt: Um den Fall des früheren Finanzmagnaten und verurteilten Sexualstraftäters Jeffrey Epstein und das zunehmend merkwürdige Verhalten von US-Präsident Donald Trump in Zusammenhang mit bislang noch nicht veröffentlichten Erkenntnissen über die Verbindungen Epsteins bis hinauf in höchste Kreise von Politik und Gesellschaft.
Von Anfang an, bitte!
Jeffrey Epstein, geboren 1953, war Gründer eines Finanzverwaltungsunternehmens in New York City, mit dem er zum Selfmade-Millionär wurde. Er führte ein Jetset-Leben mit Häusern in Manhattan, Palm Beach, Florida, auf den US Virgin Islands, einer Ranch in New Mexico sowie einem riesigen Privatjet, einer umgebauten Boeing 727. Epstein hatte allerdings auch eine dunkle Seite.
Und zwar?
Er ließ sich oft noch minderjährige Mädchen zuführen, um mit ihnen Sex zu haben. Er soll diese jungen Mädchen in seinen Häusern auch anderen Männern für sexuelle Handlungen zur Verfügung gestellt haben. Darunter waren angeblich auch zahlreiche einflussreiche und prominente Männer. Und Epstein soll diese Männer gleichzeitig ausspioniert und beim Sex mit den jungen Mädchen gefilmt haben.
Wann soll das begonnen haben?
Genau weiß man das nicht, aber es gibt Aussagen, wonach dieses "System Epstein" bereits Mitte der 1990er-Jahre praktiziert worden ist. Die erste bekannte Anzeige gegen Epstein und seine Lebensgefährtin Ghislaine Maxwell (Tochter des britischen Medien-Magnaten Robert Maxwell) erfolgte 1996, die beiden sollen zwei Schwestern vergewaltigt haben. Doch weder Polizei noch FBI ermittelten in der Sache. Es folgten weitere Anzeigen, doch mit dem selben Ergebnis. Erste offizielle Ermittlungen wurden ab 2005 in Florida geführt.
Worum ging es da?
Es gab damals bereits zahlreiche schwerwiegende Beschuldigungen zahlreicher junger Frauen. Doch der zuständige Staatsanwalt Alexander Acosta ließ sich mit Epstein auf einen Deal ein. Dieser gestand, eine Minderjährige zur Prostitution gezwungen zu haben, obwohl das Delikt eigentlich Vergewaltigung einer Minderjährigen gewesen wäre. So entging Epstein einem Verfahren vor einem Bundesgericht und wurde lediglich zu 18 Monaten Haft verurteilt, die er in Palm Beach unter extrem milden Bedingungen absaß.
Sollte man den Namen Alexander Acosta kennen?
Ja, er war zehn Jahre später, von 2017 bis 2019, Arbeitsminister in der ersten Regierungszeit von Präsident Donald Trump. Acosta trat aber von dem Posten zurück, nachdem Jeffrey Epstein im Sommer 2019 erneut verhaftet wurde und Acostas zweifelhafte Rolle bei dessen erster Verurteilung in Florida bekannt geworden war.
Epstein wurde wieder verhaftet?
Exakt. Doch nach Verbüßung seiner ersten Haftstrafe führte er sein Jetset-Leben zunächst ungehindert weiter. Allerdings ermittelten mehrere Justizbehörden nach wie vor gegen ihn. Am 6. Juli 2019 wurde Epstein schließlich am Flughafen Teterboro im Staat New York erneut verhaftet, als er mit seinem Jet aus Paris zurückkehrte.
Weshalb?
Ihm wurde vorgeworfen, dass er und Ghislaine Maxwell (die er mittlerweile nur mehr als "seine Freundin" bezeichnete und die die "Organisation" seines Mädchen-Ringes übernommen hatte) über die Jahre hunderten minderjährigen Mädchen sexuelle Gewalt angetan, sie zur Prostitution verleitet und Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung betrieben hätten. Bei einer Verurteilung drohte Epstein eine lebenslange Haftstrafe.
Wie ging es weiter?
Epstein beantragte eine Freilassung gegen Kaution, doch das wurde vom Richter abgelehnt und er kam ins Metropolitan Correctional Center in Manhattan. Hier beging der Finanzmagnat am 10. August in seiner Zelle Suizid* durch Strangulation. Wie später bekannt wurde, hatte er bereits am 23. Juli, zweieinhalb Wochen zuvor, offenbar einen Suizidversuch unternommen.
Okay, aber soweit doch eigentlich alles klar, oder?
Nicht wirklich. Denn schon bald nach Epsteins Tod kamen erste Gerüchte auf, dass es sich gar nicht um Suizid gehandelt haben könnte.
Sondern?
Epsteins Anwälte und sein Bruder Mark bezweifelten die Erkenntnisse aus dem Obduktionsergebnis und ließen ein eigenes Gutachten erstellen, das eine fremdverschuldete Strangulation nicht ausschloss. Und auch, wenn die zuständige Gerichtsmedizinerin sämtliche Argumente widerlegen konnte, war der Verdacht, dass Epstein nicht Suizid begangen haben, sondern das Opfer einer Verschwörung gewesen sein könnte, nicht mehr aus der Welt zu bekommen.
Weshalb hätte man ihn ermorden sollen?
Dafür fanden Verschwörungstheoretiker rasch sehr viele Argumente. Epstein hatte unzählige prominente Bekannte und Freunde, denen er angeblich auch minderjährige Mädchen für Sex zuführte. Er soll diese Begegnungen auf Video aufgezeichnet haben, um etwas gegen seine Freunde in der Hand zu haben. Und nicht zuletzt soll Epstein auch für Geheimdienste – namentlich den israelischen Mossad – tätig gewesen sein. Ein Gerücht, das bis heute nicht völlig entkräftet werden konnte.
Bedeutet unterm Strich?
Es habe genügend Beteiligte gegeben, die ein großes Interesse gehabt haben könnten, dass Epstein nicht vor Gericht aussagt, um sich eine mildere Strafe zu erkaufen. Und um deren Interessen und ihr Netzwerk zu schützen, sei Epstein in der Haft ermordet worden. Aber dafür gab es keinerlei konkrete Beweise.
Wer gehörte zu diesem Bekanntenkreis Epsteins?
Angeblich mehrere hundert Menschen. Namentlich bekannt sind vor allem der ehemalige US-Präsident Bill Clinton, die Tech-Mogule Mark Zuckerberg (Meta), Sergey Brin (Google-Co-Gründer), Jeff Bezos (Amazon), Bill Gates (Microsoft) oder der Filmproduzent und verurteilte Sexualstraftäter Hervey Weinstein. Auch der britische Prinz Andrew, Bruder von König Charles III., war eng mit Epstein bekannt und musste alle seine öffentlichen Ämter zurücklegen, nachdem diese Verbindung bekannt geworden war.
Und Donald Trump?
Ja, auch er und Epstein kannten sich seit vielen Jahrzehnten und standen sich eine Zeit lang sehr nahe.
Geht es etwas konkreter?
Die ersten gemeinsamen Fotos von Trump und Epstein stammen von Ende der 1980er-Jahre. Epsteins Villa in Palm Beach (die mittlerweile abgerissen wurde) war keine fünf Gehminuten von Trumps Anwesen Mar-a-lago entfernt. Und nicht zuletzt hatten die beiden das gleiche gesteigerte Interesse an Frauen, worüber der spätere Präsident sogar ganz offen sprach.
Und zwar?
In einem Epstein-Porträt im New York Magazine aus dem Jahr 2002 wird Donald Trump so zitiert: "Ich kenne Jeff seit 15 Jahren. Ein toller Kerl. Es macht viel Spaß, mit ihm zusammen zu sein. Man sagt sogar, dass er schöne Frauen genauso mag wie ich, und viele von ihnen sind eher jünger. Kein Zweifel – Jeffrey genießt sein gesellschaftliches Leben." Auch ein Video tauchte aus den NBC-Archiven auf, in dem zu sehen ist, wie Trump und Epstein im Jahr 1992 in Mar-a-lago gemeinsam feiern.
Trotzdem kühlte das Verhältnis später ab?
Ja, angeblich sollen sich die beiden über einem Immobilien-Deal zerkracht haben, dafür gibt es aber keine Beweise. Bestätigt ist allerdings, dass Trump 2007 Epstein ein Hausverbot für seinen Club auferlegte, weil dieser jungen Mädchen unsittlich nachgestellt habe. Also Epstein 2019 verhaftet wurde, erklärte Trump – da bereits Präsident – ihn seit 15 Jahren nicht mehr gesehen zu haben.
Wurde Trump im Zuge der Ermittlungen gegen Epstein etwas vorgeworfen?
Nein. Er tauchte darin zwar auf, weil er und Epstein sich eine gewisse Zeit sehr nahe standen. Aber es wird in den bekannten Dokumenten kein Fehlverhalten Trumps behauptet.
Aber was hat Epstein jetzt mit der MAGA-Bewegung zu tun?
Da – wie erwähnt – schon bald nach dem Tod des Finanzmagnaten Gerüchte auftauchten, dass sein Tod ein Auftragsmord gewesen sein könnte, schmückten gewisse Kreise diese Verschwörungstheorie immer weiter aus und bastelten sich eine komplett neue Sicht auf die Ereignisse. In der Welt von "Make America Great Again" und der paranoiden QAnon-Bewegung wurde Epsteins Tod zum zentralen Baustein einer riesigen Weltverschwörungstheorie.
Nämlich, wie geht die?
Epstein habe hunderte prominente Kunden gehabt (alle natürlich entweder Demokraten oder sonst wie Mitglieder einer moralisch verdorbenen Elite), denen er Minderjährige als Sexsklaven zugeführt habe. Mit diesem Wissen (und den geheimen Videos) habe er alle seine Kunden in der Hand gehabt. Und als er verhaftet wurde, hat der "Deep State", also ein klandestiner Staat im Staat, ihn getötet, um zu verhindern, dass dieser geheime Eliten-Zirkel auffliegt und das Netzwerk des Missbrauchs zerstört wird.
Was hat Trump damit zu tun?
Im Präsidentschaftswahlkampf 2024 befeuerte er diese Verschwörungstheorien nach Kräften. Er zeichnete das Bild, dass die gesamte Epstein-Causa eine Verschwörung der Demokraten gewesen sei, und versprach seinen Anhängern wiederholt, dass er – erst einmal im Weißen Haus – diesen Sumpf trocken legen werde.
Und wie sollte das geschehen?
Indem er sämtliche bislang unveröffentlichten Geheimakten über Epstein und sein Netzwerk freigeben lässt. Darunter sollte sich auch Material wie eine streng geheime Kundenliste (die "Client List") befinden, auf der alle Mitglieder dieses Sex-Netzwerkes verzeichnet sind.
Okay, und nach der gewonnenen Wahl?
War Epstein zunächst kein Thema mehr für Trump, er hatte Wichtigeres zu tun. Grönland von Dänemark abpressen, Ministerien und Behörden schließen, etwas in der Art. Aber das Thema der Geheimakten ließ die Medien nicht los, schließlich hatte Trump im Wahlkampf immer wieder vollinhaltliche Aufklärung versprochen. Und dann passierte dem Trump-Team offenbar ein böses Missgeschick.
Was ist geschehen?
Am 21. Februar erklärte Trumps Justizministerin Pamela Bondi auf Fox News, das sie die vielzitierte Kundenliste Epsteins auf ihrem Schreibtisch liegen hätte und dass diese demnächst veröffentlicht werden würde. Einige Tage später erhielten einige ausgesuchte Influencer von Trumps Gnaden eine weiße Mappe mit der Aufschrift "Die Epstein-Akte, Phase eins". Darin fand sich zwar kaum Neues und schon gar keine Kundenliste, diese sollte aber kurz darauf in "Phase zwei" folgen. Nur: Dazu kam es nie.
Wie wurde das begründet?
Gar nicht. Ministerin Bondi druckste, abermals auf Fox News, herum, dass es in den Unterlagen so viele Opfernamen gäbe ("über 200") und man niemanden gefährden wolle, aber eine Liste veröffentlicht würde. Doch nichts geschah – bis zum 6. Juli.
Was geschah am 6. Juli?
In einer sehr dürftigen Stellungnahme gaben die Bundespolizei FBI sowie das Justizministerium von Pamela Bondi bekannt, dass nun in den Epstein-Akten doch keine neuen Hinweise auf eine mögliche Beteiligung weiterer Prominenter gefunden worden seien. Auch eine Kundenliste sei nicht aufgetaucht – obwohl diese angeblich bereits vier Monate vorher auf Bondis Schreibtisch gelegen ist.
Was noch?
Es hätten sich auch keine Hinweise darauf ergeben, dass Epstein jemanden erpresst hätte oder gar ermordet worden sei. Um Letzteres zu beweisen, wurde ein Video verlinkt, das den Gang vor Epsteins Zelle in jener Nacht zeigen soll, als dieser Suizid beging. Blöd nur: Dieses Video war geschnitten, es fehlt ein Teil – und das, obwohl das FBI zunächst das Gegenteil behauptete.
Und das hat jemand geglaubt?
Von denen, an die diese Botschaft primär gerichtet war, nämlich die unzähligen Verschwörungsgläubigen unter den Trump-Fans, kaum wer. Und so forderten nun von Tag zu Tag immer mehr MAGA-Fans in den sozialen Medien Aufklärung darüber, was hier offenbar nicht bekannt werden soll. Aber schlimmer noch: Zahlreiche Vordenker aus dem rechten Lager schlossen sich mit der Zeit diesen Forderungen an. Und vor allem: Sie machten Trump für das, was sie eine Vertuschung nennen, verantwortlich.
Wer etwa?
Menschen wie die Influencer Laura Loomer, Tucker Carlson und Alex Jones, aber auch brave Parteigänger wie die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene ("Niemand glaubt, dass es keine Klientenliste gibt") oder der eher biedere Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson ("Ich bin für Transparenz"). Und sogar die Schwiegertochter des Präsidenten, Laura Trump, schloss sich der allgemeinen Forderung nach Aufklärung an.
Und was kann Trump dafür?
Jeder geht davon aus, dass es der Präsident selbst gewesen ist, der die Veröffentlichungen von neuem Material gestoppt hat. Das Polit-Portal Axios listet fein säuberlich auf, wann Justizministerin Bondi sowie die beiden FBI-Direktoren Kash Patel und Dan Bongino, beide an sich lupenreine Verschwörungstheoretiker mit großer Social Media-Community, die vor Trumps Wiederwahl regelmäßig "Aufklärung im Fall Epstein" gefordert hatten, beim Präsidenten vorgesprochen haben. Und das Bild, das sich daraus ergibt, ist eindeutig.
Und zwar?
Man kann die Ereignisse so lesen, dass das Trio den Präsidenten über neue Inhalte in den Akten informiert und dieser daraufhin jede weitere Veröffentlichung absagte. Als Folge davon wurde die "Es gibt nichts Neues"-Erklärung veröffentlicht.
Weshalb sollte Trump so etwas anordnen?
Die einfachste Erklärung wäre, dass er selbst – oder jemand, der ihm sehr nahe steht – in den Epstein-Akten auftaucht. Dazu würde auch passen, dass Multimilliardär und Ex-Regierungsberater Elon Musk kurz nach seinem Aus als oberster Sparmeister der Regierung, folgendes Posting auf X absetzte: "Zeit, die große Bombe platzen zu lassen: @realDonaldTrump ist in den Epstein-Akten. Das ist der wahre Grund, warum sie nicht veröffentlicht wurden. Schönen Tag noch, DJT."
Das behauptet er einfach so?
Er erklärte, es selbst in den Akten gelesen zu haben. Zwar löschte Musk seinen Tweet einige Tage später kommentarlos wieder. Bedeuten muss das allerdings gar nichts.
Die Frage ist ja: Gibt es überhaupt solch eine Kundenliste?
Das ist tatsächlich schwer zu beantworten. Allerdings: Weshalb sollte die Justizministerin ohne Not lügen, indem sie sagt, die Liste liege bei ihr am Tisch und werde von ihr vor Veröffentlichung persönlich überprüft? Es muss ihr klar gewesen sein, dass sie die Sache nur schlimmer macht, wenn sie behauptet, etwas zu haben, dass es tatsächlich gar nicht gibt. Warum sollte sie das also tun?
Und was machte Trump?
Zunächst das, was er in Situationen, in denen er sich angegriffen oder in die Ecke gedrängt fühlt, immer macht: Er schlug wild um sich und versuchte gleichzeitig, vom Thema abzulenken. Pressevertreter, die ihn auf das Thema ansprachen, kanzelte er ab, seine MAGA-Anhänger beschimpfte er als "Schwächlinge" und "dumme Leute", auf Truth Social fragte er scheinheilig, was "mit meinen Jungs und Mädels" denn los sei, weil sie nicht von der Epstein-Sache abließen.
Wie reagierten seine Anhänger?
Großteils mit Unverständnis. Sie hätten Trump vor allem auch deshalb gewählt, weil er für "Transparenz" stehen wollte. Nun würde Trump jedoch vielmehr selbst jene "Eliten-Pädos" decken, obwohl er doch das Gegenteil versprochen hatte.
Wie ging es weiter?
Trump änderte am Donnerstag kurzfristig seine Strategie und erklärte ziemlich freihändig, dass die ganze Epstein-Causa eigentlich eine Fake-Story der Demokraten gewesen sei, die diese selbst erfunden hätten, um ihm – Trump – eins auszuwischen. Doch es hätte sich (in den von den Demokraten selbst gestalteten Akten? Anm.) nichts gefunden, das Trump oder den Republikanern hätte schaden können. Und daher sei es unnötig, jetzt weitere Aktenveröffentlichungen zu fordern.
Und das glaubten ihm seine Anhänger?
Vermutlich wusste Trump irgendwann selbst nicht mehr, was er glauben sollte und was nicht, da er die Geschichte in den letzten Tagen bereits so oft neu und immer wieder anders erzählt hatte.
Aber dann kam der Big Bang?
Richtig, Donnerstagabend US-Zeit erschien die Tageszeitung Wall Street Journal mit einer neuen Geschichte – und zwar einer, die Trump nicht gefallen konnte. Die Zeitung berichtete, dass Trump im Jahr 2003 einen persönlichen Brief an Jeffrey Epstein gerichtet hätte, der von der Tonalität als "schlüpfrig" bezeichnet werden kann und der von einer Skizze einer nackten Frau umrahmt gewesen ist. Dieser Brief sei entstanden, weil Epsteins Partnerin Ghislaine Maxwell seine Freunde darum gebeten hatte und die Briefe schließlich zu einem Buch habe binden lassen.
Was bedeutet "schlüpfrig"?
Es klingt alles ziemlich merkwürdig (siehe X-Posting unten) und sehr wenig nach dem Donald Trump, wie wir ihn kennen. Darauf weisen auch, von Vizepräsident JD Vance und Trump-Sohn Don Jr. abwärts, zahlreiche Parteigänger des Präsidenten hin. Andererseits: Die Zeilen entstanden angeblich vor 22 Jahren und keiner weiß genau, welche Verbindung seinerzeit zwischen den beiden Männern tatsächlich bestanden hat.
Was sagt Trump selbst?
Er bezeichnete den angeblichen Brief als Fake News und drohte auf Truth Social dem Wall Street Journal mit allem Übel der Welt. Tatsächlich soll der Präsident im Vorfeld der Veröffentlichung massiven Druck auf die Chefredakteurin der Zeitung, Emma Tucker ausgeübt haben, um die Veröffentlichung des Briefes zu unterdrücken. Und er soll auch beim Eigentümer der Zeitung, dem britischen Medienmagnaten Rupert Murdoch, mit harten Konsequenzen gedroht haben, sollte der Artikel erscheinen. Doch offenbar ließen die beiden sich nicht beeindrucken.
Gibt es bereits Konsequenzen?
Ja, Freitagabend US-Zeit machte Trump seine Drohung schließlich wahr und reichte Klage bei einem Bundesgericht in Florida ein. Und zwar gegen das Wall Street Journal sowie dessen Eigentümer (Dow Jones, News Corp, Rupert Murdoch) sowie zwei Reporter des Blattes. Er beschuldigt die Beklagten der Verleumdung und behauptet, sie hätten in böswilliger Absicht gehandelt und ihm dadurch einen enormen finanziellen und rufschädigenden Schaden zugefügt. Und: Trump fordert mindestens zehn Milliarden (!) Dollar Schadensersatz.
Gibt es auch Neues in Sachen Epstein-Akten?
Ja, auch hier wurde Trump am Freitag schließlich tätig. Er beauftragte Justizministerin Pamela Bondi, bei Gericht zu beantragen, dass die Zeugenaussagen, die im Fall Epstein vor der Grand Jury getätigt worden sind, für die Öffentlichkeit freigegeben werden. Bondi ist dem am späten Freitagnachmittag nachgekommen.
Und was heißt das jetzt?
Wie rasch das Gericht diesem Antrag nachkommt, wann die Akten tatsächlich veröffentlicht werden und vor allem, was sich darin findet, lässt sich noch nicht sagen.
Sind jetzt alle zufrieden damit?
Nein. Es gibt bereits jetzt zahlreiche Stimmen die fordern, nicht nur diese – gefilterten – Akten zu veröffentlichen, sondern vor allem auch alle Akten und Protokolle aus den FBI-Ermittlungen gegen Epstein, denn dort würden sich die wahren "Bomben" verstecken. Für seine Anhänger ist der Schritt jetzt aber zumindest einmal eine kleine Beruhigungspille nach den Aufregungen der letzten Tage. Wie lange diese Dosis wirkt, wird sich indes zeigen – spätestens, wenn die neuen Gerichtsakten veröffentlicht werden.
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