In einem US-Medium tauchte die Rohfassung der neuen Sicherheitsstrategie der Trump-Regierung auf. Daraus lassen sich die wahren Ziele des Präsidenten ablesen. Er will einen Weltverbund aus 5 Staaten (ohne Deutschland) und Europa spalten – mit Hilfe Österreichs.

Am 4. Dezember veröffentlichte die US-Regierung die "National Security Strategy 2025". Die 33 Seiten, veröffentlicht auf der Webseite des Weißen Hauses, haben es in sich. "America First" gilt nicht länger nur mehr als nationales Ziel, sondern soll über die ganze Welt ausgerollt werden – bis zu uns.
Was man dem Dokument zugute halten muss, es ist in großer Klarheit verfasst. Es gibt nichts misszuverstehen, die USA legen deutlich fest, welche Regionen für sie in der nahen Zukunft wichtiger sind und welcher weniger relevant. Das hat auch Konsequenzen für Europa und für Österreich.
Die Nationale Sicherheitsstrategie (NSS) hat aber auch eine zweite Ebene. Das Portal "Defense One" veröffentlichte am Mittwoche eine Rohversion des Papiers, also eine nicht freigegebene Ausgabe und sie lässt noch etwas tiefer hineinblicken in den Maschinenraum der aktuellen US-Regierung.
Auch Österreich kommt darin vor, die Amerikaner scheinen spezielle Pläne mit vier europäischen Nationen zu haben, wir gehören zu dieser Gruppe. Nicht immer sind ERwähnungen schmeichelhaft Was Sie über den Report und seine Hintergründe wissen müssen:
Was ist eine "Nationale Sicherheitsstrategie"?
Die meisten Länder der Welt fassen regelmäßig in einem Dokument alle aktuell für sie relevanten Sicherheits-Leitlinien zusammen. Nach innen und nach außen. Wie schützt man seine Sicherheitsinteressen, wie reagiert man auf Bedrohungen? Österreich hat so etwas auch.

Wie oft wird eine Sicherheitsstrategie erstellt?
Meist jährlich, wobei es sich häufig um Updates handelt.
Was existiert in Österreich?
Die aktuell gültige Sicherheitsstrategie stammt aus 2024. Eine erneuerte Version war eigentlich noch für heuer avisiert. Das wird eng.
Warum?
Österreich wählt einen grundsätzlich anderen Zugang. In den USA handelt es sich um ein hochsensibles Dokument, das von Führungskräften der Regierung und der Ministerien erarbeitet wird. In Österreich gibt es sogar eine Bürgerbeteiligung. Menschen sollen sagen, was ihnen wichtig ist.
Gibt es noch andere Unterschiede?
Ja, gravierende. Die österreichische Sicherheitsstrategie ist wenig konkret, enthält viele Gemeinplätze und kaum direkte Festlegungen. Das US-Dokument ist sehr klar, im Guten wie im Bösen.
Wie oft erarbeiten die USA eine Sicherheitsstrategie?
Laut Gesetz (Goldwater-Nichols Department of Defense Reorganization Act von 1986) muss jährlich eine NSS vom Präsidenten an den Kongress geschickt werden.
Aber?
In der Praxis erscheint allerdings nicht jedes Jahr eine neue Version, jedenfalls nicht öffentlich. Vor der aktuellen Trump-Ausgabe gab es die letzte publizierte NSS im Oktober 2022 unter Präsident Joe Biden.

Musste Trump nun eine Sicherheitsstrategie veröffentlichen?
Ja, sie muss spätestens 150 Tage nach Amtsantritt eines neuen Präsidenten fertig sein.
Was ist der Sinn?
Die NSS definiert, wie die USA sich und ihre Interessen in der Welt schützen wollen — militärisch, diplomatisch, wirtschaftlich und technologisch. Das dient als Leitlinie für das Außenministerium, das Verteidigungsministerium, Geheimdienste und andere Behörden.
Welche Bedeutung hat die NSS?
Es handelt sich um kein Gesetz, hat also keine bindende Kraft. Da sie aber in der Regel vom Präsidenten unterzeichnet wird, spiegelt die NSS direkt die Leitideen der Administration wider.
Was war nun neu?
Die USA vollziehen einen Strategiewechsel. Sie wollen kein "Weltpolizist" mehr sein, sondern sich "nur" dort einmischen, wo zentrale amerikanische Interessen bestehen. Das Motto heißt auch hier jetzt "America First".
Was bedeutet das?
Die USA setzen auf militärische Stärke, wirtschaftliche Unabhängigkeit und technologische Dominanz. Es wird massiv in die Rüstung investiert, in Hyperschall‑ und Raketenabwehrsysteme, Cyberabwehr, der Weltraum spielt eine entscheidende Rolle.

Was ist mit der Wirtschaft?
Kritische Lieferketten (Halbleiter, Rohstoffe) sollen wieder verstärkt in eigene oder zumindest vertrauenswürdige Hände überführt werden. Der Klimaschutz wird zurückgefahren.
Wie teilen die USA die Welt ein?
In Interessengebiete und die verschieben sich. Lateinamerika bekommt eine zentrale Bedeutung. Im Indopazifischen Raum geht es in um den Schutz von Lieferketten, in Taiwan stellen sich die USA zentral gegen China. Europa verliert an Bedeutung.
Warum ist das für Europa ein Gamechanger?
Weil der Pakt der Nachkriegszeit zwischen Europa und den USA zerbröselt. Vieles, was fix in den Boden gerammt schien, hört auf zu existieren.
Was heißt das?
Die USA rücken von der Rolle als Garantie‑Macht ab. Sie fordern von europäischen Partnern mehr Eigenverantwortung für ihre Sicherheit. Auf US-Schutz, der selbstverständlich schien, gibt es nun keine Garantie mehr. Ein NATO‑Wachstum wird abgelehnt.
Lässt sich das aus der neuen Sicherheitsstrategie herauslesen?
In aller Deutlichkeit. Über Europa wird nicht gesprochen, mit Europa wird abgerechnet. Damit war spätestens seit dem Auftritt von Vizepräsident J.D. Vance auf den Münchner Sicherheitstagen zu rechnen. Die NSS ist eine Verschriftlichung des Gedankengutes.
Heißt konkret?
Vance nannte Europa "erbärmlich". Die Sicherheitsstrategie spricht nun von einer "düsteren Aussicht auf zivilisatorische Auslöschung". In "20 Jahren oder weniger" werde Europa "nicht mehr wiederzuerkennen" sein.

Welche Gründe werden genannt?
Vorrangig Migration, sie würde "den Kontinent transformieren“ und damit Konflikte verursachen — verbunden mit dem Verlust von nationaler Identität, Selbstbewusstsein, sowie kulturellen Werten. Dazu kämen ein demografischer Niedergang (sinkende Geburtenraten), angebliche Unterdrückung politischer Opposition sowie Einschränkungen der Meinungsfreiheit.
Welche Konsequenzen ziehen die USA daraus?
Auch hier wird die neue Strategie sichtbar, weg vom "Weltpolizisten". Die USA gehen den Weg über "Einflussnahme". Durch Unterstützung bestimmter Parteien oder Bewegungen.
Was bedeutet das in der Praxis?
In der Nationalen Sicherheitsstrategie werden "patriotische europäische Parteien" als Hoffnungsträger bezeichnet. Ihr wachsender Einfluss gebe "Anlass zu großem Optimismus". Und da kommt nun ein zweites Dokument ins Spiel.
Welches Dokument?
Es handelt sich um kein offizielles Schriftstück, sondern offenbar um den Entwurf der Sicherheitsstrategie, aus dem noch Passagen gestrichen oder geändert wurden.
Wo tauchte der Entwurf auf?
In "Defence One", einem Fachportal für Verteidigungs‑ und Sicherheitsthemen mit Sitz in Washington. Es wurde 2013 gegründet und gehörte zu "Atlantic Media" (Herausgeber des renommierten Magazins "The Atlantic"). Nach einem Verkauf gehört "Defence One" zur "Government Executive Media Group" (GEMG).

Warum ist das nun relevant?
Am 9. Dezember erschien auf "Defence One" ein Artikel über die Nationale Sicherheitsstrategie. Nicht über die offizielle Ausgabe, eine Redakteurin hatte Einblick in die Rohversion. Sie ist umfassender und definiert auch die Pläne für Europa und die Welt konkreter.
Was steht über Europa drin?
Es wird erklärt, wie man das Ziel "Make Europe Great Again" erreichen will. Empfohlen wird, dass die USA "die Beziehungen zu europäischen Ländern auf einige wenige Nationen mit gleichgesinnten – vermutlich rechtsgerichteten – aktuellen Regierungen und Bewegungen konzentrieren."
Und da kommt Österreich ins Spiel, oder?
Ja, es werden vier Länder per Namen genannt, mit denen die USA "stärker zusammenarbeiten sollten… mit dem Ziel, sie von der [Europäischen Union] wegzubringen".
Welche Länder sind das?
Österreich, Ungarn, Italien und Polen werden angeführt. Für Österreich wird zu einem Artikel verlinkt, der sich mit dem Wahlsieg der FPÖ am 29. September 2024 beschäftigt.
Was ist noch geplant?
Im Geheimdokument heißt es auch: "Wir sollten Parteien, Bewegungen sowie intellektuelle und kulturelle Persönlichkeiten unterstützen, die nach Souveränität und dem Erhalt/der Wiederherstellung traditioneller europäischer Lebensweisen streben… und dabei pro-amerikanisch bleiben".

Was ist das große Bild?
Die Strategie der USA ist es, einen Keil in Europa zu treiben. Die Trump-Amerikaner glauben nicht (mehr) an die Idee der Europäischen Union, sie erscheint ihnen schwach, nicht entscheidungsfreudig, vor allem aber ihnen nicht dienlich. Also soll die EU von innen aufgebrochen werden.
Was sehen sie an die Stelle der EU?
Stärkere Nationalstaaten. Der Hebel für die Zerschlagung der EU sollen rechte Parteien sein, in Österreich die FPÖ.
Welche Verbindungen gibt es zwischen FPÖ und den Trump-USA?
Auch hier zeigt sich die der neue Ansatz. die USA stoßen sich nicht an Verbindungen von Parteien mit Russland, wie sie etwa von der FPÖ gepflegt wurden. 2016 war im Rahmen einer Moskaureise ein "Kooperationsvertrag" geschlossen worden. Denn: Parallel dazu gab es mehrere starke Achsen in die USA.
Nämlich?
Politiker wie Harald Vilimsky, FPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, unterhalten seit Jahren Kontakte in US‑konservative und "MAGA"-Netzwerke. FPÖ-Chef Herbert Kickl war im Jänner 2025 zur Amtseinführung von Donald Trump eingeladen, ließ sich aber vertreten.
Und, kleiner Exkurs?
Ja, man darf in diesem Ensemble nicht Sebastian Kurz vergessen. Der frühere ÖVP-Kanzler ist bestens vernetzt in die USA, vor allem auch zu Kreisen, die mit Trump in engem Kontakt stehen. Das könnte für die Amerikaner von Nutzen sein.

Was finden die USA und FPÖ aneinander?
Abgesehen von strategischen Interessen, gibt es viele inhaltliche Überschneidungen. In der Frage der Migration, Betonung starker nationaler Grenzen und von Law‑and‑Order sowie Kritik an "woker" Identitätspolitik.
Was zeigt die neue Ausrichtung noch?
Die großen EU-Länder werden umfahren. Deutschland oder Frankreich spielen keine Rolle. Stattdessen denkt Trump offenbar über die Gründung einer neuen Weltgruppierung nach, der C5.
Was ist mit C5 gemeint?
Es handelt sich um eine Ergänzung – oder um einen Ersatz – der G7. Die momentane "Gruppe der Sieben" besteht aus den führenden Industrienationen Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien und den USA.
Wer soll nun zu C5 gehören?
Die USA, China, Russland, Indien und Japan. Die drei Weltmächte plus dem aufstrebenden Indien plus Japan unter der neuen rechten Regierungschefin Sanae Takaichi. Sie ist Trump als Gegengewicht zu China wichtig.
Heißt unter dem Strich was?
Das US-Portal Axios fasste die Entwicklung unter diesem Titel zusammen: "Trumps neuer Kalter Krieg mit Europa". Auch der Kalte Krieg hat also die Seiten gewechselt.
Wie war das zuletzt merkbar?
Die EU verhängt eine Geldstrafe von 140 Millionen Dollar gegen Elon Musks Plattform X. Der Milliardär bezeichnete die EU daraufhin als Viertes Reich und forderte ein Verbot. Polens Außenminister Radoslaw Sikorski, ein entschiedener Verteidiger der EU, konterte inmitten von Musks Tweet-Tirade: "Gehen Sie zum Mars. Dort gibt es keine Zensur von Nazi-Grüßen."
Was tat das offizielle Amerika?
Trump gab Politico ein Wut-Interview über Europa. Außenminister Marco Rubio sprach von einem "Angriff auf das amerikanische Volk", Vizepräsident Vance von "Müll". Er forderte Trump auf, Sanktionen gegen die EU zu verhängen.
Und Putin?
Russland hat den transatlantischen Bruch begrüßt. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte am Sonntag gegenüber Reportern: "Die Anpassungen, die wir beobachten, stehen weitgehend im Einklang mit unserer Vision."