Falls Sie noch ein Weihnachtsgeschenk für sich selbst suchen: Am 13. Dezember wird Garderobe (Gucci, Boss, Hermès) von René Benko versteigert, sichergestellt von der WKStA bei einer Hausdurchsuchung am Wiener Fleischmarkt. Das sagt der Masseverwalter dazu.

Etiketten können einiges über ein Leben verraten. So weiß man jetzt beispielsweise, dass René Benko seine "O’Connor"-Anzüge bei Tom Ford in München gekauft hat. Das lässt sich aus dem Innenfutter eines Anzugs herauslesen, der derzeit im Internet feilgeboten wird. Das Schaustück steht zur Versteigerung an.
Nicht jedes Wissen bringt einem im Leben unmittelbar weiter, mittelbar aber wirft der Fund ein weiteres Schlaglicht auf den spektakulärsten Insolvenzfall der Zweiten Republik. Die Pleite der Unternehmens-Krake wird das Land die nächsten Jahre beschäftigen und noch so manches Etikett verliehen bekommen.
Am 13. Dezember versucht der Insolvenzverwalter, wieder an ein paar Euros zu kommen. Da werden insgesamt 11 Objekte aus dem Besitz von Benko versteigert. Kleidung, aber auch Zigarrenschachteln. Daraus lässt sich ein Leben skizzieren, das nicht darauf angelegt war, in einer Gefängniszelle verbracht zu werden. Was Sie über die Sicherstellung der Gegenstände und die Auktion wissen sollten:
Von welcher Dimension Pleite sprechen wird denn hier?
"Von Benko persönlich werden aktuell etwa 2,7 Milliarden Euro gefordert", sagt der Aufdecker Rainer Fleckl. Die Forderungen im gesamten Signa-Komplex würden mittlerweile bei etwa 30 Milliarden Euro liegen.

War nicht schon von 40 Milliarden die Rede?
Ja, ein Gläubigervertreter hatte diese Summe ins Spiel gebracht. Demnach gebe es gegen die Signa allein in Österreich 138 Insolvenzverfahren mit Forderungen von 37,1 Milliarden Euro. Auf drei Milliarden werden die Begehrlichkeiten außerhalb Österreichs geschätzt.
Aber?
Gerichtlich anerkannt sind derzeit erst Forderungen von 11,8 Milliarden Euro. Da einzelne Signa-Gesellschaften Ansprüche gegeneinander angemeldet haben, dürfte es noch einige Doppelgleisigkeiten geben. Wenn man die abzieht, kommt man in die Gegend von 30 Milliarden Euro.
Wie lange wird die Abwicklung dauern?
Zwischen 8 und 15 Jahren, schätzen mit dem Fall Betraute.
Wo befindet sich Benko momentan?
Der Immobilien-Spekulant sitzt seit Jänner 2025 in Untersuchungshaft. Am 10. November hat das Straflandesgericht Wien die U-Haft um weitere zwei Monate verlängert. Benko muss also auch Weihnachten und Silvester in der Zelle verbringen.
Wo sitzt er derzeit ein?
Nicht in Wien, sondern in Innsbruck, weil die aktuellen Verfahren in Tirol stattfinden und ein Transport hin und her zu aufwändig wäre. Schon im Dezember findet der nächste Prozess statt.

Worum geht es dabei?
René Benko und seiner Ehefrau Nathalie (sie ist Zweitangeklagte) wird vorgeworfen, 120.000 Euro Bargeld sowie Luxusuhren und weitere Wertgegenstände um etwa 250.000 Euro Gläubigern versteckt zu haben. Es gibt zwei Verhandlungtage, 10. Dezember und 16. Dezember.
Das heißt, die Versteigerung findet genau dazwischen statt?
Ja, am 13. Dezember ab 10 Uhr. Nach einer einmaligen Registrierung kann jeder – ob Firma oder Privatperson – mitbieten.
Was wird alles angeboten?
Insgesamt 11 Objekte, vier Anzüge, zwei Mäntel, vier Humidore und eine Jagd-/Patronentasche. Die Gegenstände können hier angesehen werden.
Kann man sich die Gegenstände auch live zu Gemüte führen?
Ja, sie können in Niklasdorf zwischen Leoben und Bruck/Mur besichtigt werden.
Wer versteigert die Gegenstände?
Das steirische Online-Auktionshaus Aurena. Es hat einige Expertise, was die Verwertung von Signa-Inventar betrifft.
Weil?
In guten Zeiten spannte die Signa Holding GmbH in der edlen Villa Ansaldi in Sirmione am Gardasee aus – mit 1,2 Hektar großem Park, Helikopter-Landeplatz und direktem Seezugang. Benko nutzte das Anwesen gern und feierte hier im Mai 2017 seinen 40. Geburtstag. Die Gästeschar soll illuster gewesen sein.

Was passierte mit der Villa?
Sie war nur angemietet, aber im Sommer 2025 kam das Innenleben unter den Hammer. Am 14. Juli standen 1.845 Positionen zur Versteigerung an, 1.713 Stücke fanden tatsächlich einen Abnehmer.
Was stand alles zum Verkauf?
Besteck, Bademäntel, sündteure Weine, eine Türmatte, ein Fußball von Bayern München mit den Unterschriften der Meister-Spieler der Saison 2018/19. Und ein mysteriöses Gästebuch.
Was hatte es damit auf sich?
Im Gästebuch befinden sich 70 Widmungen, bekanntgemacht wurden nur drei – Niki Lauda, Tina Turner und Silvio Berlusconi –, weil alle bereits verstorben sind. Für den einen oder die andere Lebende(n) wäre es vielleicht unangenehm gewesen, wenn die Nähe zu Benko bekannt geworden wäre. Deswegen erzielte das Gästebuch einen ordentlichen Preis.
Nämlich?
Um das Buch vom Markt zu kaufen, wurden 141 Gebote abgegeben. Der Zuschlag erfolgte schließlich bei 16.000 Euro. Inklusive Aufgeld und Steuern kostete das Gästebuch seinen neuen Besitzer damit mehr als 23.000 Euro.
Geht es diesmal auch um solche Summen?
Wohl kaum. Derzeit ist das Interesse an den 11 Exponaten eher verhalten, aber das ist zwei Wochen vor der Auktion normal. Ein Gutteil der Gebote liegt noch unter dem Rufpreis. Am besten geht momentan einer der vier Zigarrenkistln, der Mahagoni Humidor Louis Vuitton.


Was weiß man darüber?
Der Vuitton-Humidor ist die große Ausführung dieses Modells aus Mahagoni, er ist ca. 41 Zentimeter breit und für bis zu 150 Zigarren geeignet. Einziger Makel: der Schlüssel fehlt. Der Rufpreis beträgt 2.800 Euro, das höchste der bisher 35 Gebote liegt bei 2.900 Euro.
Wie hoch sind die Gebühren?
Zum Netto-Endpreis kommen noch 22 Prozent Auktionsgebühr und 20 Prozent Mehrwertsteuer dazu.
Was hat es mit den Anzügen auf sich?
Es handelt sich um vier Stück, drei davon stammen von Tom Ford. Es dürfte sich um Maß-Konfektionsware handeln, also vorgefertigte Anzüge, die final an den Körper der Käufers angepasst wurden.
Woraus schließt man das?
Auf der Innenseite der Sakkos befinden sich Etiketten. Aus den Markerln lässt sich ablesen, dass die drei Stücke 2020 bzw. 2021 bei Tom Ford München gekauft wurden.
Was sind die Stücke neu wert?
Es handelt sich um "O’Connor"-Anzüge. Laut Homepage kostet das Stück 4.350 Euro. Der Rufpreis beträgt für einen Anzug 400 Euro, für die beiden anderen 550 Euro. Offenbar richtet sich das nach dem Grad der Abnutzung.


Und der Anzug von Gucci?
Der schaut schon ziemlich abgewohnt aus. Interessant ist ein genähter Riss in der Nähe der rechten Gesäßtasche. Gucci-Anzüge liegen in der Preisklasse um die 3.000 Euro, der Rufpreis beträgt 550 Euro.
Was können die beiden Mäntel?
Der Kaschmir-Mantel von Hugo Boss in Größe 52 wird für 550 Euro ausgerufen. Er trägt im Innenfutter das Etikett "tailored", also maßgeschneidert oder speziell angepasst. Von der Stange kostet so ein Mantel ab 1.300 Euro.
Und der Hermès-Mantel?
Er scheint neuwertig zu sein, innen ist noch das Verkaufsschild dran. Dieses Modell gibt es nicht mehr im aktuellen Katalog. Ein vergleichbarer Hermès-Mantel kostet derzeit etwa 6.600 Euro.
Was weiß man über die Jagdtasche?
Die Patronentasche ist dunkelbraun mit blauem Innenfutter und stammt von der Marke Purdey. Das edle britische Unternehmen, gegründet 1814, ist auf Jagdwaffen und Jagdkleidung spezialisiert. Ein ähnliches Modell wird auf der Webseite unter dem Titel Bridle Leather Cartridge Bag In Dark Brown für 790 Euro angeboten. Rufpreis sind 400 Euro.
Woher stammen die Versteigerungs-Stücke eigentlich?
"Die Objekte wurden vom Masseverwalter Andreas Grabenweger eingeliefert", sagt Aurena-Sprecher Jürgen Blematl. "Er ist für die Privatinsolvenz von Benko verantwortlich."

Wo wurden die Objekte "gefunden"?
"Sie wurden bei einer gesonderten Hausdurchsuchung der WKStA in einer Benko-Wohnung am Wiener Fleischmarkt sichergestellt" sagt Grabenweger zu NewsFlix. "Die WKStA führte Ermittlungen durch, nach Abschluss habe ich den Antrag auf Ausfolgung gestellt, um die Objekte in die Insolvenzmasse einbringen zu können."
Und warum schauen sie so aus wie sie aussehen?
"Alle Objekte sind gebraucht, die Anzüge sind auch zerknittert, wahrscheinlich von der langen Lagerung bei der Staatsanwaltschaft", vermutet Grabenweger.
Hat Aurena schon einmal Besitz von Benko versteigert?
Es gab die Signa-Auktion vom Gardasee, einmal hat das steirische Auktionshaus aber auch schon Objekte aus dem Privatkonkurs von Benko unter die Leute gebracht. 2024 wurden ein Sportboot, ein Jetboot, Uhren und Schmuck aus Benkos Privatsammlung versteigert.
Was ist bei der aktuellen Auktion ungewöhnlich?
"Es kommt eher selten vor, dass wir gebrauchte Kleidung zur Versteigerung bekommen," sagt Jürgen Blematl von Aurena.
Warum beschäftigen sich Insolvenzverwalter mit solchen Groscherlgeschäften?
Dazu hat sich Masseverwalter Grabenweger schon in einem Interview mit der F.A.Z. im November 2024 geäußert. Normalerweise nehme er "niemandem seinen Sonntagsanzug weg". Aber bei der Besichtigung der Villa von Benko habe er gesehen, "was für eine umfangreiche Garderobe er hat mit sehr hochwertigen Marken und deshalb haben wir uns auch dazu entschlossen."

Was war das Ergebnis?
Benko wehrte sich gegen die Versteigerung seiner Kleidung. Die Familie löste sie schließlich für 77.000 aus. Sie "wollte vermeiden, dass die Kleidungsstücke versteigert werden", sagt Grabenweger. "Deswegen hat sie das Dreifache des angenommenen Verkehrswertes bezahlt."
Wird das diesmal auch so sein?
"Benko könnte Vertraute mitsteigern lassen, um wieder in den Besitz seiner Kleidungsstücke zu gelangen", so Grabenweger "Ob er das tut, weiß ich aber nicht."
Was aber ist fix?
Es handelt sich um die 25. Auktion in diesem Umfeld, aber Grabenweger ist sich sicher: "Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass Objekte aus Benkos Privatbesitz versteigert werden."