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Projekt "Optimus"

Der Musk-Plan: Jedem Mensch sein eigener Roboter, gekauft wie ein Auto

E-Autos waren gestern, die Besiedelung des Mars ist die Zukunft. Für dazwischen plant Tesla-Chef und Multimilliardär Elon Musk, die Menschheit mit menschenähnlichen Robotern glücklich zu machen. Was sich dahinter verbirgt, warum es 2026 schon losgehen soll.

Ein "Optimus"-Modell gab letzten Sommer im Tesla Diner in Hollywood medienwirksam Popcorn aus und rührte die Werbetrommel für Elon Musks Lieblingsprojekt
Ein "Optimus"-Modell gab letzten Sommer im Tesla Diner in Hollywood medienwirksam Popcorn aus und rührte die Werbetrommel für Elon Musks LieblingsprojektAPA-Images / AFP / PATRICK T. FA
Martin Kubesch
Akt. 22.11.2025 00:00 Uhr

Anfang November fand in Austin, Texas, die alljährliche Aktionärsversammlung des E-Auto-Herstellers Tesla statt. Per Voting beschlossen die Anteilseigner des Unternehmens, ihrem CEO und Mehrheitseigentümer Elon Musk das größte Erfolgshonorar in Aussicht zu stellen, das je ein Konzernlenker (oder sonst wer) bekommen hat: 1 Billion Dollar, umgerechnet etwa 860 Milliarden Euro.

Um die komplette Summe (in Form von Tesla-Aktien) zu erhalten, muss Musk den Konzern in wirtschaftliche Höhen führen, die bislang als unvorstellbar galten. Doch der 54-Jährige, der jetzt bereits der mit Abstand reichste Mensch der Welt ist, traut sich das offenbar zu.

Musk setzt allerdings nur noch bedingt auf weitere E-Auto-Modelle. Er forciert vielmehr "Projekt Optimus", die Entwicklung humanoider Alltags-Roboter. Sie sind für ihn "das größte Produkt aller Zeiten" und sollen künftig 80 Prozent des Tesla-Umsatzes ausmachen.

Wann die ersten Optimus-Modelle erhältlich sein werden, wieviel sie kosten sollen und wozu man die Roboter, die aussehen wie aus einem Science-Fiction-Film aus den 1950ern, überhaupt verwendet – so viel ist über Elon Musks Roboter-Pläne bis jetzt bekannt:

Elon Musk, selbst zwölffacher Vater, will die Welt nicht nur mit mehr Kindern, sondern auch mit Milliarden von Robotern bevölkern
Elon Musk, selbst zwölffacher Vater, will die Welt nicht nur mit mehr Kindern, sondern auch mit Milliarden von Robotern bevölkern
Picturedesk

Worum geht es hier?
Um die Zukunft, wie Elon Musk sie sieht. Der reichste Mensch der Welt (aktuell knapp 500 Milliarden Dollar) denkt alles größer, vielleicht auch größenwahnsinniger, als die meisten anderen auf der Welt. Noch vor autonomen E-Autos und der Kolonialisierung des Mars sieht Musk jetzt die Zukunft der Menschheit vor allem in humanoiden Robotern.

Was ist mit humanoid in diesem Fall gemeint?
Dass die Roboter designed sind wie Menschen – also mit einem "Kopf", einem "Rumpf" sowie Extremitäten, die benutzt werden, wie Menschen es für gewöhnlich tun. Die "Beine" sorgen für die Fortbewegung, die "Arme" führen komplexe Tätigkeiten aus.

Wofür soll das gut sein?
Primär, dass die Menschen die Roboter als Alltags-Partner akzeptieren. Und damit die Roboter ihren Besitzern überall hin folgen können.

"Ihren Besitzern" – das bedeutet,  jeder soll einen Roboter wie ein Auto kaufen können?
Exakt das ist die Vorstellung des Multimilliardärs. Das Roboter-Modell von Tesla, mit dem Musk den Markt aufrollen möchte, nennt sich "Optimus" und ist für ihn "das größte Produkt aller Zeiten", wie er im Rahmen der diesjährigen Aktionärsversammlung stolz erzählte.

Der Name "Optimus" erinnert an die "Transformers"-Filme …
Nicht von ungefähr. Der "Optimus" ist nach der Hauptfigur der Film-Serie, Optimus Prime, benannt.

Was weiß man über "Optimus"?
Das Projekt wurde im Sommer 2021 erstmals angekündigt, ein knappes Jahr später zeigte Musk den ersten Prototypen. Mittlerweile ist bereits die dritte Generation der Roboter in der Tesla-Zentrale in Palo Alto, Kalifornien, in Erprobung.

Ist so ein "Optimus" schwer?
Nach Tesla-Angaben wiegt ein Modell 57 Kilo bei einer Höhe von 173 Zentimetern. Wäre "Optimus" ein Mann, wäre er also magersüchtig. Er soll bis zu 20 Kilo schwere Gegenstände heben und tragen können.

Gibt es schon eine Preis-Vorstellung?
Vage. Musk strebt einen Verkaufspreis von 25.000 Dollar (knapp 22.000 Euro) an. Laut den Marktanalysten des Investmenthauses Morgan Stanley liegen die Material- und Fertigungskosten für ein Stück aktuell allerdings bei 50.000 bis 60.000 Dollar, und das ohne Software. Je nach Fertigungsmenge würde dieser Preis allerdings noch deutlich nach unten gehen.

Welche Produktionszahlen strebt Musk an?
Musk möchte, wie er sagt, am liebsten jedem Menschen auf der Welt einen Roboter zur Seite stellen, und er denkt wirklich, dass jeder Mensch auch eine Verwendung dafür hätte. Dazu sieht er "gigantische Potenziale" in den Bereichen Fertigung, Gesundheitswesen und Dienstleistungen. Alles in allem spricht Musk von "zig Milliarden Robotern", die der Menschheit künftig das Leben erleichtern sollen.

Wo werden diese gebaut?
Die Pläne dafür scheinen nicht nur ausgearbeitet zu sein, sondern befinden sich offenbar bereits in Umsetzung. In einer neuen Fabrik in Fremont, Kalifornien, sollen künftig eine Million "Optimus"-Einheiten pro Jahr vom Band laufen, so Musk zu seinen Aktionären. Und in Austin werde an die bestehende Gigafactory eine Roboterfabrik angeschlossen, die sogar 10 Millionen "Optimus" pro Jahr fertigen soll.

In welchen Bereichen sollen die Roboter konkret eingesetzt werden?

  • Industrie: Wo heute noch Menschen an Fließbändern stupide Arbeiten verrichten, sollen humanoide Roboter diese Jobs übernehmen.
  • Produktion: Laut Musk könnte die Produktivität der Wirtschaft "mindestens um den Faktor zehn, vielleicht aber auch um den Faktor hundert" gesteigert werden, wenn künftig mehr Roboter im Produktionsbereich eingesetzt werden.
  • Gesundheitswesen: Roboter wie der "Optimus" seien die einzige Möglichkeit, allen Menschen die gleiche gute Gesundheitsversorgung zukommen zu lassen, ist der Multimilliardär überzeugt. Einerseits im Bereich der Pflege, aber auch in der Behandlung – denn dank KI werden Roboter besser und präziser als jeder Mensch Diagnosen stellen und Behandlungen durchführen können.
  • Strafvollzug: Er könne sich sogar vorstellen, dass potenziellen Straftätern von Behörden ein "Optimus" zur Seite gestellt wird, der sie auf Schritt und Tritt begleitet "und es verhindert, sollten diese eine Straftat begehen wollen", witzelte Musk bei der Aktionärsversammlung.
  • Alltag: Und schließlich die breiteste Anwendungsmöglichkeit – der Roboter als Alltagsbegleiter. Musk lässt die "Optimus"-Prototypen bereits seit geraumer Zeit lernen, Alltagstätigkeiten im und außerhalb des Haushaltes zu erledigen. Sie sollen all das machen können, was jeder Mensch im Haushalt tun muss – nur schneller, effizienter und ohne zu murren, sei es Müll raustragen oder Abstauben.

Ab wann werden "Optimus"-Roboter zu kaufen sein?
Eigentlich sollte es sie bereits geben. Die ersten Planungen gingen von einem Verkaufsstart 2025 aus. Aber bislang sind nur Prototypen zu sehen, etwa im Tesla Diner in Los Angeles, wo sie Popcorn verteilen, oder etwa bei der jüngsten Aktionärsversammlung in Austin, wo die beiden tanzenden und shakenden Roboter neben Musk auf der Bühne für Begeisterung bei den Tesla-Aktionären sorgten.

Aber produziert werden sie schon?
In geringen Stückzahlen. Eigentlich sollten heuer bereits 5.000 Exemplare vom Band laufen, diese Zielvorgabe wurde allerdings wieder gestrichen. Es werden maximal 2.000 Stück sein, die bis Ende des Jahres fertig sein sollen. Und wann die industrielle Fertigung tatsächlich beginnen kann, steht ebenfalls noch nicht exakt fest. In Austin nannte Musk das Jahr 2026 als Starttermin. Man wird sehen.

Wo liegt das Problem?
Aktuell vor allem in den Händen, ist in diversen Branchen- und Tech-Foren zu lesen. Denn "Optimus" soll Hände bekommen, die möglichst exakt das Leistungsspektrum menschlicher Hände erfüllen können sollten. Allerdings: Die menschliche Hand ist eines der größten mechanischen Wunder der Natur, was ihre Komplexität und Einsatz-Bandbreite betrifft. Und die Tesla-Ingenieure haben offenbar nach wie vor Probleme dabei, dieses "Naturwunder" nachzubilden.

Spielen "Optimus"-Roboter auch eine Rolle bei den Zielvorgaben für Musks Mega-Erfolgshonorar?
Ja, er muss binnen zehn Jahren eine Million der Roboter verkaufen. Das ist einer der Bestandteile des Deals, den Musk erfüllen muss, um im Bestfall eine Billion Dollar in Tesla-Aktien zu kassieren.

Wie werden die Roboter eigentlich für ihre künftigen Aufgaben trainiert?
Das ist eine der komplexesten Aufgaben beim "Projekt Optimus". Denn um sich zu bewegen wie ein Mensch, muss "Optimus" zuerst einmal lernen, wie sich ein Mensch überhaupt bewegt. Deshalb sind in der Firmenzentrale in Palo Alto dutzende Mitarbeiter dafür abgestellt, durch ihr Vorbild die Roboter zu trainieren, berichtet der Business Insider.

Wie läuft das ab?
Die Mitarbeiter bekommen genau vorgeschrieben, welche Alltags-Tätigkeiten sie wie vollführen sollen, und dann müssen sie das tun, immer und immer wieder. Die Roboter nehmen das über ihre Sensoren auf und speichern das Bewegungsmuster und die Art der damit verbundenen Tätigkeit ab. Sei es jetzt, die Vorhänge aufzuziehen, eine Mülltonne zu öffnen oder den Geschirrspüler auszuräumen.

Lernen die Roboter nur Arbeitsaufgaben?
Nein, sie bekommen auch andere Tätigkeiten beigebracht, etwa Tanzen oder Laufen. Oder den Hund Gassi führen.

Schwachstelle: Die menschliche Hand ist mechanisch so komplex, dass die Tesla-Techniker Sonderschichten einlegen müssen, um sie zu kopieren
Schwachstelle: Die menschliche Hand ist mechanisch so komplex, dass die Tesla-Techniker Sonderschichten einlegen müssen, um sie zu kopieren
APA-Images / Stanislav Kogiku

Wie darf man sich das bei Tesla vorstellen – treiben sich da überall Roboter herum?
Wenn es stimmt, was Elon Musk erzählt und in diversen Image-Videos zu sehen ist, dann läuft es genau so ab. "In Palo Alto gehen überall 'Optimus'-Roboter herum", plauderte der Milliardär vor seinen Aktionären aus der Schule. Und die Roboter seien mittlerweile auch bereits darauf trainiert, sich selbst an eine Stromquelle anzuschließen und aufzuladen.

Stichwort Software: Entwickelt Tesla die Computerchips für "Optimus" selbst?
Auch darüber hat Musk bei der Aktionärsversammlung erstaunlich offen gesprochen. Bislang würden in den Robotern die selben Chips verwendet, wie sie auch in die Tesla-Autos eingebaut werden, um autonomes  Fahren zu ermöglichen. Aber Musk ist mit der Qualität der verwendeten Chips unzufrieden ("… nicht gut genug") und möchte sich diese künftig ebenfalls selbst bauen. Dazu soll eine Terrafactory – offenbar eine Weiterentwicklung der Gigafactory – entstehen.

Weshalb kann "Optimus" eigentlich so viele Dinge?
Weil es ihm in unendlicher Kleinarbeit beigebracht wird. Das ist das Wesen von "Künstlicher Intelligenz" – sie basiert auf erlernten und gespeicherten Daten, die miteinander verknüpft werden, wo es sinnvoll ist. Aber: KI kann diese gespeicherten Daten nicht selbständig weiter entwickeln. Diese Fähigkeit, die ein wesentliches Merkmal von Intelligenz ist, ist nach wie vor zutiefst menschlich – aber es wird mit Hochdruck daran gearbeitet, Computern auch diese Fähigkeit beizubringen.

Was ist damit genau gemeint?
KI wird sich immer nur auf jenen Pfaden bewegen können, die ihr gezeigt wurden. Ihr fehlt das Potenzial, über die vorgegebenen Grenzen hinaus zu "denken". Das soll allerdings die sogenannte "Allgemeine Künstliche Intelligenz" (im Englischen AGI oder Artificial General Intelligence) können, die im Erfassen von Problemen und Entwickeln von Lösungen schneller und kreativer sein soll als der Mensch.

Und warum gibt es noch keine Roboter mit AGI?
Weil diese "Super-Intelligenz" schlicht noch nicht entwickelt worden ist. AGI ist derzeit der "Heilige Gral" der Entwickler im Silicon Valley. Jeder will der Erste sein, der die weiter entwickelte KI anbieten kann. Auch dafür will Musk künftig seine eigenen Computerchips bauen.

Das klingt aber irgendwie spooky …
Das ist auch spooky. Zumindest für Menschen, die die Idee, dass sie einen elektronischen Zombie an ihrer Seite haben, der selbständig überall dorthin gehen kann, wohin auch sie gehen können, nicht so prickelnd finden wie der quirlige Multimilliardär.

Wo holt sich Musk eigentlich seine Ideen für solche Entwicklungen?
Auch darüber hat er in Austin gesprochen: "Wenn ihr wissen wollt, wie ich punkto Roboter ticke, wie ich mir die Zukunft vorstelle, dann lest nach bei meinen Lieblings-Autoren: Iain Banks, Robert Heinlein und Isaac Asimov." Das sind drei der bekanntesten Science-Fiction-Autoren, die vor allem die Entwicklung der Robotik in den Mittelpunkt ihres literarischen Schaffens gestellt haben.

Gibt es auch Zweifel an Musks Roboter-Plänen?
Aber ja, und zwar von vielen Seiten. Vor allem Wissenschafter und Ingenieure, die sich oft seit Jahrzehnten mit der Weiterentwicklung von Robotern beschäftigen, lassen an Musks "Optimus"-Idee kein gutes Haar. So sagt etwa der MIT-Forscher Rodney Brooks, dass Tesla mit "Optimus" nur Geld verschwendet. Er vertritt die Ansicht, dass Roboter nicht dem Menschen nachempfunden werden sollten, sondern an ihr spezielles Einsatzgebiet angepasst gehören, um den größtmöglichen Nutzen zu bringen.

Also weg mit Armen und Beinen?
Im Grunde ja, darum geht es. Die Mechanik, die nötig ist, um menschliche Gliedmaßen auch nur annähernd nachzubauen, ist super komplex und steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Vorteilen, die sich am fertigen Roboter daraus ergeben. Hinter vorgehaltener Hand würden das sogar viele Tesla-Ingenieure sagen, liest man. Aber Musk scheint von derlei Kritik eher wenig zu halten.

Also geht die "Optimus"-Show weiter?
Auf jeden Fall. Marketing-Genie Musk nutzt jede Gelegenheit, seine Roboter ins Rampenlicht zu bringen. In lässigen Kurz-Videos präsentiert er seine Roboter-Kumpels als so menschenähnlich, dass man manchmal meinen könnte, Musk selbst würde in einem Roboter-Anzug stecken und für die Kameras posieren.

Arbeiten eigentlich noch andere Firmen an humanoiden Robotern für den Hausgebrauch?
Ja, sogar einige. Zu den bekanntesten Mitbewerbern von Tesla gehört das US-Unternehmen Boston Dynamics, das mittlerweile dem koreanischen Tech-Konzern Hyundai gehört. Das humanoide Modell "Atlas" (siehe Video oben) gilt als einer der am weitesten entwickelten Roboter derzeit. Ziel ist hier allerdings nicht, Millionen Stück zu produzieren, hier geht es eher um Grundlagenforschung.

Und wann kann ich mir jetzt selbst einen humanoiden Haushaltsroboter kaufen?
Tatsächlich schon heute – allerdings (noch) nicht von Tesla. Denn das US-Unternehmen 1X hat den Wettlauf um den ersten Roboter für alle gewonnen. Es bietet sein Modell "Neo" (Video oben) in drei Farben bereits jetzt zum Kauf an – um 20.000 Dollar (ca. 17.500 Euro) bzw. 500 Dollar (435 Euro) pro Monat, inklusive drei Jahren Garantie und technischem Support. Die Sache hat nur einen kleinen Haken …

Welchen Haken?
"Neo" hat zwar ein gewisses Grundwissen vorinstalliert, muss aber von den Technikern der Firma an seinen Einsatzort "gewöhnt werden". Dafür wird der Roboter von Mitarbeitern des Herstellers einige Wochen lang ferngesteuert um zu lernen, was von ihm erwartet wird. Ein bisschen wie ein externer Computer-Support via Remote Control, nur etwas langwieriger.

Das heißt, "Neo" könnte ferngesteuert auch plötzlich im Schlafzimmer stehen?
Theoretisch ja, aber der Hersteller versichert, dass es dazu nicht kommen kann. Definierte "Sicherheitszonen" und verpixelte Videoübertragungen würden es den Tele-Operatoren unmöglich machen, in die intimen Bereiche der Neo"-Besitzer einzudringen.
Wenn das nicht beruhigend klingt.

Martin Kubesch
Akt. 22.11.2025 00:00 Uhr