Titel, Haus, Orden – alles weg. Aber Andrew wird, nach der Degradierung durch seinen Bruder König Charles, kein bettelarmes Leben führen müssen. Er zieht in einen anderen Landsitz um, erhält Taschengeld und darf weiter seinem Hobby nachgehen: Computerspiele.

Seine Einsatzmedaille aus dem Falklandkrieg darf Andrew behalten, immerhin. Schließlich war der zweitälteste Sohn von Königin Elizabeth während der elfwöchigen Auseinandersetzung zwischen Großbritannien und Argentinien im Jahr 1982 tatsächlich als Co-Pilot eines Marinehubschraubers im Südatlantik im Einsatz.
Und auch alle anderen Ehrenbezeugungen für seinen immerhin 22-jährigen Dienst am Vaterland bleiben dem mittlerweile 65-Jährigen erhalten. Aber das war's dann auch schon.
Die meisten seiner militärischen Ehrentitel und Schirmherrschaften, darunter so wohlklingende Ämter wie Colonel der Grenadier Guards musste er bereits 2022 auf Geheiß seiner Mutter zurücklegen. Ende Oktober nahm ihm sein Bruder Charles nun auch sein letztes militärisches Ehrenamt: den Titel Vize-Admiral der Königlichen Marine.
Und auch sonst macht der König reinen Tisch: Charles III. kündigte an, ein formelles Verfahren einzuleiten, dass Andrew sämtliche noch verbliebenen zivilen Titel und Ehrenzeichen aberkennt. Er entzog ihm zudem seinen Prinzentitel, der Andrew als Sohn einer Monarchin seit seiner Geburt zustand. Und er warf ihn aus seinem Anwesen im Schlosspark von Windsor.
Das königliche Tabula rasa war längst überfällig, so die Meinung der meisten Kommentatoren. Zu schwer wiegen die wiederholten Anschuldigungen gegen Andrew im Missbrauchsskandal um seinen früheren Freund, den US-Banker Jeffrey Epstein. Dazu kommen immer neue Enthüllungen über Andrews ganz und gar unadeliges Verhalten in seiner Zeit als offizieller Vertreter der britischen Krone.

Seit geraumer Zeit war Andrew für die Royals nur mehr eine Belastung, von Stütze war schon längst keine Rede mehr. Sein Verhalten – permanentes Leugnen jedweder Vorwürfe und Anschuldigungen – machte die Sache nicht besser. Dass der König nun endgültig Konsequenzen zog, war nur mehr der finale Schlussakkord unter ein jahrelanges Familiendrama.
Aber von seiner Familie kann man sich nicht scheiden lassen. Und so bleibt Andrew auch weiterhin ein Windsor, ungeachtet seiner Degradierung auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Es ist nur im Interesse des Königs und der Nation, dass Andrew nicht finanziell abhängig wird von zweifelhaften Geldgebern, die den Ex-Prinzen so vor ihren Karren spannen könnten.
Also wird die Krone auch weiterhin Andrews Luxusleben finanzieren, wenn auch aus einer anderen Tasche als bisher. Und sie verräumt ihn in einem anderen Herrenhaus, weiter weg von London zwar, aber hochherrschaftlich bleibt es. Letztlich wird der gefallene Prinz seinen Landsleuten also auch weiterhin auf die eine oder andere Art sein Leben lang auf der Tasche liegen.
Wie König Charles die Zukunft seines kleinen Bruders neu geordnet hat. Weshalb er ihn aus Windsor vertreibt und ihm gleichzeitig ein neues Dach über dem Kopf gibt. Warum Andrew zwar kein Prinz mehr ist, aber dennoch auf Rang 8 der Thronfolge bleibt. Und wie der 65-Jährige die Zeit bis zu seinem Auszug aus Windsor totschlägt – alles über das neue Leben des Mr. Andrew Mountbatten Windsor:
Worum geht es?
Um die letzten Akte der vollkommenen Degradierung von Andrew, dem zweitgeborenen Sohn von Königin Elizabeth II. und Bruder des jetzigen Königs Charles III. Der geborene Prinz – als Sohn einer Monarchin ist dieser Titel an sich sein Geburtsrecht – wurde Ende Oktober vom König aller verbliebenen Ehrentitel enthoben, inklusive dem des Prinzen.

Heißt konkret?
Charles kündigte am 30. Oktober an, ein formelles Verfahren zur Aberkennung der verbliebenen Titel und Ehrenzeichen Andrews einzuleiten, wodurch dieser auch seinen Prinzentitel verlieren würde. Andrew ist damit keine königliche Hoheit mehr und auch kein Prinz. Den Titel Herzog von York hatte Andreq bereits am 17. Oktober, nach einem Gespräch mit dem König, selbst abgelegt. Somit ist er nur mehr Mr. Andrew Mountbatten Windsor – de jure sobald das juristische Verfahren abgeschlossen ist, de facto ab sofort.
Musste er noch etwas abgeben?
Andrew verlor auch die letzten ihm verbliebenen militärischen Ehren, nämlich den honorigen Titel eines Vize-Admirals der Royal Navy. Für jemanden, der 22 Jahre lang (1979 bis 2001) als Offizier in der Navy gedient hat, ein Nackenschlag. Einzig seine Einsatzmedaillen – Bestätigungen und Erinnerungen an seine militärischen Einsätze – sind wohlerworben, deshalb darf sie der 65-Jährige behalten.

Was ist mit der Thronfolge – ist Andrew da auch ausgeschieden?
Nein, er liegt nach wie vor an Platz 8 der britischen Thronfolge. Ihn von dort herauszulösen würde einen Gesetzesbeschluss des Unterhauses benötigen. So wie es derzeit aussieht, hat der König nicht vor, diesen Schritt zu gehen. Bei weitem nicht alle Briten sind damit allerdings einverstanden, ist in den britischen Medien zu lesen.
Was bedeutet das alles?
Es bedeutet im Grunde, dass der König seinen Bruder gesellschaftlich kaltstellt. Andrew ist mit diesem Schritt endgültig eine persona non grata, er ist nicht mehr geschätzt und kein ehrenwerter Mensch mehr. Deshalb wurden ihm auch sämtliche Ehrentitel entzogen.
Es gibt weit Schlimmeres …
Natürlich, keine Frage. Aber: In der Welt, in der sich Andrew seit seinen frühesten Tagen bewegt, dreht sich alles um derartige Gepflogenheiten und Regeln. Charles hat seinem Bruder den gesellschaftlichen Boden unter den Füßen weggezogen.
Weshalb hat sich der König dazu entschieden?
Weil Andrew durch sein Verhalten und die zahlreichen Enthüllungen über angebliches oder echtes Fehlverhalten in den vergangenen Jahrzehnten längt zur Gefahr für die Krone an sich geworden war. Immer mehr Untertanen wollen nicht mehr akzeptieren, wie sich eines der ehemals angesehensten Mitglieder der königlichen Familie verhält.
Was ist damit im Detail gemeint?
Es geht einerseits um Andrews Rolle im Missbrauchsskandal um den US-Finanzier Jeffrey Epstein, der sich 2019 in der Untersuchungshaft das Leben genommen hatte. Die beiden Männer waren eng befreundet, auch nach Epsteins erster Verurteilung als Sexualstraftäter im Jahr 2008. Und es geht um seine Rolle bezüglich der Anschuldigungen, die das Epstein-Opfer Virginia Roberts Giuffre gegen Andrew richtete.

Was sagt Virginia Roberts Giuffre?
Sie war eines der Opfer von Jeffrey Epsteins Missbrauchs-Organisation und beschuldigte Andrew, sie insgesamt drei Mal missbraucht zu haben. Sie verklagte ihn deshalb, er bezahlte eine hohe Summe (angeblich 14 Millionen Euro), um diese Klage außergerichtlich aus der Welt zu schaffen, bestritt aber gleichzeitig immer, Giuffre überhaupt gekannt zu haben.
Was heizte den Skandal neu an?
Vor wenigen Wochen erschienen die Memoiren von Virginia Roberts Giuffre posthum – das Epstein-Opfer hatte im vergangenen April Suizid begangen. In dem Buch namens "Nobody's Girl" erneuerte Virginia Roberts Giuffre sämtlicher Vorwürfe gegenüber Andrew. Und sie schilderte detailliert, wie oft und wo genau sich der damalige Prinz an ihr vergangen haben soll, darunter einmal im Zuge einer orgie mit insgesamt etwa zehn Personen auf Jeffrey Epsteins privater Karibikinsel. Andrew bestreitet alle Vorwürfe bis heute.
Und was war noch ausschlaggebend?
Nur wenige Wochen von Virginia Giuffres Buch erschien eine Andrew-Biographie des angesehenen britischen Autors Andrew Lownie mit dem vielsagenden Titel "Berechtigt: Aufstieg und Fall des Hauses York". Darin listet der Historiker zahllose Verfehlungen Andrews auf, vor allem aus seiner Zeit als offizieller Sondergesandter des Königreichs. Es geht um seine Gier nach Frauen und Sex ebenso wie um seine Gier nach Geld, die ihn anfällig und leichtsinnig mache, so der Autor.
Er zeichnet kein sympathisches Bild vom Prinzen?
Nein, und das ist noch höflich ausgedrückt. Noch wurden zudem nicht einmal sämtliche Leichen, die Biograph Andrew Lownie ausgegraben hat, medial herumgereicht. Er befürchte deshalb weitere schmerzliche Enthüllungen, so Lownie in einem Interview.
Was könnte das etwa sein?
Es gebe etwa Anhaltspunkte dafür, dass Andrews unersättlicher Drang nach sexueller Abwechslung ihn zu einem leichten Opfer für sogenannte "Honigfallen" durch ausländische Geheimdienste gemacht haben könnte. Auch sein ausschweifender Einsatz öffentlicher Mittel (u.a. Flugreisen, Hubschraubertransporte und Spesenabrechnungen) während seiner Gesandten-Tätigkeit könnten Sprengstoff bergen. Und Biograph Lownie schreibt auch, dass sich Andrew einmal für eine Gewisse Zeit eine Geliebte mit einem US-Präsidenten (angeblich geht es um Bill Clinton) "geteilt" haben soll.

Also hat der König die Notbremse gezogen?
Könnte man so sagen, ja. Noch einmal Andrew-Biograph Andrew Lownie: "Die Affäre um Andrew hat dem Ansehen der Monarchie schweren Schaden zugefügt." Aber die Entschlossenheit von Charles habe "die Institution vorerst stabilisiert".
Ist denn die Monarchie in Gefahr?
Jedenfalls ist sie dank Andrew derzeit in rauer See unterwegs. "Die größte Herausforderung für die Monarchie besteht darin, den Kontakt zu jüngeren Menschen zu pflegen, bei denen die Unterstützung am geringsten ist", analysiert der britische Verfassungsrechtler Craig Prescott im Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Gibt es dazu Zahlen?
Aber ja. Laut der British Social Attitudes Survey, einer landesweiten Meinungsumfrage, hält nur mehr jeder zweite Brite die Monarchie für wichtig, 1983 waren es noch 86 Prozent. Besonders bei Jüngeren bröckelt die Zustimmung: Während drei Viertel der über 55-Jährigen am Königshaus festhalten, wünschen sich 59 Prozent der 16- bis 34-Jährigen eine Republik.
Also erhält Andrew einen gesellschaftlichen Maulkorb?
Richtig, er wird degradiert, desavouiert und abgeschoben.
Inwiefern abgeschoben?
Charles hat seinen Bruder davon "überzeugt", dass es das Beste sei, wenn dieser auch sein Heim in der Royal Lodge im Schlosspark von Windsor aufgibt.

Was ist die Royal Lodge?
Ein riesiges Herrenhaus in Windsor mit 30 Zimmern. Hier residierte bis zu ihrem Tod mit 101 Jahren im Jahr 2002 Queen Mum, die Mutter von Königin Elizabeth. Danach zog Andrew ein und pachtete das herrschaftliche Anwesen offiziell für 75 Jahre.
Weiß man, wieviel Andrew dafür bezahlt hat?
Ja, und das abermals Salz in die Wunden der bürgerlichen Mehrheit im Land. Denn Andrew bezahlte 2002 einmalig eine Million Pfund (etwa 1,1 Millionen Euro) und musste seither pro Jahr nur "auf Verlangen ein Pfefferkorn" an Pacht bezahlen.
Ernsthaft jetzt?
Ja. Derartige Vertragsklauseln stammen aus einer Zeit, als Pfeffer noch sehr wertvoll war. Inzwischen wird solch ein Passus nur mehr angewendet, wenn eine symbolische Summe bezahlt werden soll – in Österreich wird dann etwa gerne 1 Euro als Pachtbetrag vertraglich festgehalten. Aber es bedeutet natürlich, dass Andrew das Anwesen gratis zur Verfügung gestellt bekam.
Und jetzt muss er doch raus?
Ja, aber Charles macht es ihm leicht. Andrew bekommt ein Haus in Sandringham zur Verfügung gestellt. Das ist ein weiteres Anwesen der Krone, weiter weg von London und im Privatbesitz des Königs. Es ist nicht ganz so groß wie Windsor (3.200 gegenüber 4.800 Hektar), aber immer noch so geräumig, dass man sich nicht zwangsläufig jeden Tag über den Weg laufen muss.
Wie rasch muss der Umzug über die Bühne gehen?
Es ist noch etwas Zeit. Anfang 2026 soll die Sache über die Bühne gehen. Und damit Andrew nicht selbst schleppen muss, erhält er "einen sechsstelligen Betrag" als Umzugshilfe, berichtet die Daily Mail.
Und muss Andrew in Sandringham Miete bezahlen?
Es sieht jedenfalls nicht so aus. Offenbar plant der König, die Lebenshaltungskosten für seinen Bruder nicht mehr aus dem offiziellen Topf der Krone zu bezahlen – der Palast erhält pro Jahr etwa 100 Millionen Euro aus den Gewinnen des Crown Estate, einem halbstaatlichen Immobilien- und Vermögensfonds – , sondern aus seinem persönlichen Einkommen.

Und woher kommt das persönliche Einkommen des Königs?
Primär aus Immobilienbesitz, namentlich dem Herzogtum Lancaster. Das wirft pro Jahr die Kleinigkeit von etwa 27 Millionen Pfund (etwa 30,6 Millionen Euro) ab. Daraus will Charles offenbar die Wohn- und Lebenskosten von Andrew künftig bestreiten.
Kein Taschengeld?
Doch, Andrew soll zudem ein "Stipendium" aus dem Privatgeld des Königs erhalten, um ihn vor "übermäßigen Ausgaben" zu bewahren.
Was bekommt "Fergie"?
Andrew Ex-Ehefrau Sarah Ferguson, mit der er von 1986 bis 1996 verheiratet war und die seit etwa Mitte der 2000er-Jahre wieder mit ihm in der Royal Lodge gewohnt hat, wird dem Vernehmen nach nicht mit nach Sandringham übersiedeln. Wie die Daily Mail erfahren haben will, soll sie sich Selbstvorwürfe machen, dass es überhaupt so weit kommen konnte. Dem ungeachtet geht man im Buckingham Palast davon aus, dass sich "Fergie" nun eine eigene Wohnung in London suchen wird.
Wie wird Andrews neues Leben dann aussehen?
So wie sein altes, nur dass er künftig etwas weiter weg von London residieren wird. Aber er hat schon in den letzten Jahren keinerlei offizielle Aufgaben mehr für das Königshaus übernommen, das wird natürlich so bleiben. Von der Homepage der Royal Family ist Andrew seit 1. November spurlos verschwunden, wer die alte Version – mit Andrew – über die Wayback-Maschine – aufzurufen versucht, erhält eine Fehlermeldung. Offenbar sind die IT-Spezialisten des Buckingham-Palastes nicht die schlechtesten.
Und wie verbringt Andrew so seine Zeit?
Er geht ausreiten, angeblich golft er auch. Und wenn es stimmt, was britische Medien schreiben, dann soll er vor allem Computergames spielen, und zwar stundenlang. Die Daily Mail listet noch eine weitere "guilty pleasure" des Ex-Royals auf: Online-Shopping. "Die Amazon-Lieferungen, die in der Royal Lodge ankommen, sind unglaublich", zitiert dir Zeitung eine Quelle. "Es gibt Zimmer voller Pakete, die noch nicht einmal geöffnet wurden. Es wird Wochen, wenn nicht Monate dauern, den ganzen Dreck rauszuräumen."

Gibt es strafrechtliche Ermittlungen gegen Andrew?
Nein, und es sind auch keine zu erwarten. Es wird zwar der Vorwurf überprüft, Andrew hätte vor Jahren einen Polizisten angewiesen, Material über Virginia Roberts Giuffre zu besorgen, aber es ist nicht zu erwarten, dass dabei viel herauskommt.
Und in der Epstein-Sache?
Das wird ganz davon abhängen, wie die USA jetzt diesbezüglich weitermachen. Bislang hat Andrew jede Zusammenarbeit mit dem FBI, dass die Ermittlungen gegen Jeffrey Epstein führte, abgelehnt. Sollte sich die Trump-Regierung allerdings – entgegen den Erwartungen – doch noch entschließen, die Epstein-Akten freizugeben, halten Insider auch einen Kongressausschuss in der Sache für möglich. Solch ein Ausschuss könnte auch Andrew vorladen. Und ob er sich einer Ladung vor den US-Kongress zu entziehen traut, muss sich erst zeigen.