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Tresor-Prozess

Uhren, Geld, Manschetten: Wie es zum Freispruch von Nathalie Benko kam

Nächster Auftritt von René Benko vor Gericht. Diesmal war Ehefrau Nathalie mitangeklagt. Es war das erste Wiedersehen der beiden seit 11 Monaten und endete in einem kurzen Gespräch. Plus einem Schuldspruch für ihn und einem Freispruch für sie. Die Hintergründe.

Nathalie Benko erschien neu gestylt mit Brille zum Prozess
Nathalie Benko erschien neu gestylt mit Brille zum ProzessReuters
Martin Kubesch
Akt. 11.12.2025 00:22 Uhr

Ein Geheimtresor in einem Bunker, ein knappes Dutzend Luxusuhren, bündelweise Bargeld und eine verräterische Handy-Notiz – das waren die Zutaten im zweiten Verfahren gegen Signa-Pleitier René Benko. Und dem ersten gegen seine Ehefrau.

Am Ende setzte es einen Freispruch für Nathalie Benko und 15 Monate bedingt für René Benko, das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Wie bereits vergangenen Oktober, ging es auch im zweiten Prozess um den Vorwurf, dass Benko einen Teil seines Vermögens vor seinen Gläubigern in Sicherheit gebracht haben soll. Neu war allerdings, dass der 48-Jährige dieses Mal nicht alleine auf der Anklagebank saß.

Auch René Benkos Ehefrau Nathalie war von der Staatsanwaltschaft angeklagt worden. Sie soll ihren Mann dabei unterstützt haben, Geld und Wertgegenstände vor dem Zugriff des Insolvenzverwalters zu verstecken.

Nathalie Benko saß im Gerichtssaal neben ihrem Mann, getrennt allerdings von einer Sicherheitsbeamtin. Nach dem Prozessende wurde den beiden ein kurzes Gespräch gestattet. Dann ging es für ihn zurück in die Gefängniszelle, für sie nach Hause.

Signa Gründer Rene Benko klatscht mit seinem Anwalt Norbert Wess ab
Signa Gründer Rene Benko klatscht mit seinem Anwalt Norbert Wess ab
APA-Images / EXPA / Johann Groder

Was die Fahnder dem ehemaligen Milliardär vorwarfen, wie der Prozess lief und warum bei Nathalie Benko nach Ansicht der Richterin die Beweislast zu dünn war – das gilt es über den zweiten Benko-Prozess zu wissen:

Vorab, was fiel auf?
Bei Renè Benko erneut die hohe Anspannung, er wirkte körperlich noch erledigter als beim ersten Prozess.

Und bei seiner Ehefrau?
Sie war komplett neu gestylt, Beobachter mussten zweimal hinschauen, um sie zu erkennen. Das Outfit erinnerte an die USA, wo eigens engagierte Berater Promi-Angeklagte gern wohlgefällig für Schöffensenate herrichten. Nathalie Benko trug eine Business-Brille, einen Business-Anzug und einen Rollkragen-Pulli. Auch sie wirkte sehr angespannt.

Worum ging es?
Um das zweite Verfahren gegen Signa-Gründer und Milliarden-Pleitier René Benko. Es startete am Mittwoch, 10. Dezember, um 9 Uhr am Landesgericht in Innsbruck.

Was war beim ersten Verfahren?
Benko wurde bereits im vergangenen Oktober in Innsbruck teilweise schuldig gesprochen. Er sollte in zwei Fällen Geld an seinen Gläubigern vorbei verwendet haben. In einem Fall wurde der Unternehmer frei gesprochen, im zweiten Fall für schuldig befunden. Urteil: Zwei Jahre Haft, allerdings nicht rechtskräftig, da Benkos Anwalt berief.

Wie lange war das zweite Verfahren geplant?
Angesetzt war es für zwei Verhandlungstage (10. und 16. Dezember). Allerdings waren sämtliche Zeugen (insgesamt vier) bereits für den ersten Termin geladen. Es ging erwartet schnell, bereits am Abend des Mittwoch wurde das Urteil gesprochen.

Nathalie Benko vor dem Betreten des Gerichtssaales
Nathalie Benko vor dem Betreten des Gerichtssaales
Reuters

Was wurde René Benko vorgeworfen?
Er soll Anfang 2024 versucht haben, Uhren, Schmuck und Bargeld vor einem möglichen Zugriff seiner Gläubiger in Sicherheit zu bringen. Die juristische Bezeichnung dafür lautet betrügerische Krida, es war das selbe Delikt wie im ersten Prozess von letztem Oktober.

Welche Gläubiger?
Nach der Insolvenz der Signa-Holding im November 2023 (die Gläubiger-Forderungen hier liegen bereits bei über 30 Milliarden Euro), meldete auch der Unternehmer René Benko persönlich am 7. März 2024 Zahlungsunfähigkeit an. Mittlerweile belaufen sich die Gläubiger-Forderungen in diesem Verfahren auf 2,7 Milliarden Euro, gerichtlich anerkannt wurden bislang etwa 47 Millionen Euro.

Was soll Benko versteckt haben?
120.000 Euro Bargeld sowie Luxusuhren und Manschettenknöpfe, deren Wert von Sachverständigen auf etwa 250.000 Euro taxiert wurde. Alles in allem Peanuts im Vergleich zu den Summen, um die es geht. Aber durchaus relevant, was das mögliche Strafmaß betraf, wie sich herausstellen sollte.

Welche Strafe drohte?
René Benko musste bei einer Verurteilung mit einer Strafe zwischen einem und zehn Jahren Haft rechnen. Weil sich die Summen, um die es ging, stark verringerten, kam er glimpflicher davon

Der geheime Tresor wurde hinter Kisten-Attrappen in einem ehemaligen Bunker-Raum entdeckt
Der geheime Tresor wurde hinter Kisten-Attrappen in einem ehemaligen Bunker-Raum entdeckt
Justiz 3.0 Aktensystem

Was war mit Nathalie Benko?
Sie war die Zweitangeklagte in der Causa. Auch ihr drohten bei einer Verurteilung zwischen einem und zehn Jahren Haft. sie ging straffrei aus.

Wie lautete der Vorwurf gegen sie?
Sie soll zur Gläubigertäuschung ihres Mannes beigetragen haben, "indem sie den Tresor im Haus ihrer Verwandten anschaffen ließ und für die Verwahrung der genannten Wertgegenstände zur Verfügung stellte", heißt es in der Anklageschrift.

Welcher Tresor?
Dazu muss man etwas ausholen. Am 23. Jänner 2025 –  der Tag von René Benkos Verhaftung – stießen Ermittler im Haus von Nathalie Benkos Tante im kleinen Tiroler Ort Pfunds nahe dem Dreiländereck Österreich-Schweiz-Italien auf einen Tresor. Er war in einem zum Lagerraum umfunktionierten Bunker hinter Weinkisten versteckt.

Was war der Inhalt?
Im Tresor fanden sich insgesamt elf Luxusuhren der Marken Patek Philippe, Rolex, Hublot, Omega, Panerai, Audemars Piguet, Cartier, IWC und Breitling, mehrere hochwertige Manschettenknopf-Paare, mehrere Ringe sowie Geldbündel mit 120.000 Euro in einem Kuvert.

Und weiter?
Der Tresor sei eigens angeschafft worden, um Geld und Wertsachen den Forderungen von Gläubigern zu entziehen, so die Annahme der Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft, die hier die Ermittlungen führt.

120.000 Euro Bargeld, elf Luxusuhren, u.a. der Marken Patek Philippe, Rolex, Hublot, Omega und Panerai, sowie Manschettenknöpfe wurden im Tresor gefunden
120.000 Euro Bargeld, elf Luxusuhren, u.a. der Marken Patek Philippe, Rolex, Hublot, Omega und Panerai, sowie Manschettenknöpfe wurden im Tresor gefunden
Justiz 3.0 Aktensystem

Gibt es dafür Beweise?
Es gibt einen höchst aufschlussreichen Handy-Chat zwischen Nathalie Benko und ihren Verwandten aus Anfang 2024, der in einem Zwischenbericht der Soko Signa zitiert wird und über den die Kronen Zeitung berichtet hat. Darin tauschen sich Frau Benko und ihre Verwandten über den Erwerb eines Safes in einem Fachgeschäft in Innsbruck aus.

Wie lief das ab?
Ab Ende Februar 2024 besprachen sich Nathalie Benko und ihre Verwandten über den Kauf eines Tresors für deren Haus. Am 10. März 2024, also nur wenige Tage, nachdem der Unternehmer René Benko Insolvenz angemeldet hatte, erhielt Nathalie Benko ein Bild von einem freigeräumten Stellplatz in dem Bunkerraum mit der Frage: "Ist das okay?". Nathalie Benkos Antwort: "Perfekt."

Wie ging es weiter?
Kurz darauf schrieb Nathalie Benko nochmals an ihre Verwandten: "Vielleicht noch irgendwann den Zettel verbrennen." Ob damit die Rechnung für den Tresor gemeint gewesen ist, wird sich vielleicht im Zuge des Prozesses klären. Die Antwort der Verwandten war indes bereits damals eindeutig: "Schon erledigt."

Wie kamen die Ermittler überhaupt auf die Idee, bei Nathalie Benkos Verwandten zu suchen?
Den entscheidenden Tipp dafür erhielten sie von einem ehemaligen Leibwächter René Benkos, der gegenüber der Justiz plauderte.

Wie erklären die Benkos die Sache?
Nathalie Benko hatte sich bis zum Prozess überhaupt noch nicht öffentlich erklärt. Dabei blieb es auch am Mittwoch. "Es steht alles in meiner schriftlichen Gegendarstellung", sagte sie und fügte, keine weitere Aussage machen zu wollen.

Patek Philippe Nautilus Chronograph in Roségold, Referenz 5980R-001 – offenbar eine der Lieblingsuhren von René Benko
Patek Philippe Nautilus Chronograph in Roségold, Referenz 5980R-001 – offenbar eine der Lieblingsuhren von René Benko
Justiz 3.0 Aktensystem

Und René Benko?
Er sitzt seit dem Tresor-Fund in U-Haft und hat bisher mehrere Erklärungsansätze geliefert. Am Mittwoch will er sich nicht weiter äußern. "Ich sehe meine Frau heute nach langer Zeit zum ersten Mal wieder", sagt er zum Gericht. "Ich bitte um Verständnis, dass ich mich auch aufgrund des Mediendrucks nicht weiter äußern möchte".

Was hat er bisher dazu gesagt?
In der aktuellste Version, dass acht der Uhren sowie die Manschettenknöpfe Geschenke für seine beiden (minderjährigen) Söhne gewesen seien und deshalb im Tresor gelagert wurden. Die übrigen Uhren seien für eine Charity-Auktion gedacht gewesen.

Die Staatsanwaltschaft bezweifelte das?
Ja, aus mehreren Gründen. Vor allem, weil die beiden Söhne der Benkos - das Paar hat insgesamt drei Kinder – zum Zeitpunkt der angeblichen Schenkung zu Weihnachten 2021 erst sechs bzw. elf Jahre alt waren. Und außerdem wurde Benko auch in den Jahren danach immer wieder mit einer besonders auffälligen Uhr aus dem Konvolut gesehen – und auch auf Fotos festgehalten.

Er trug das teure Stück bei zahlreichen Gelegenheiten, …
Er trug das teure Stück bei zahlreichen Gelegenheiten, …
Justiz 3.0 Aktensystem
… wie die Justiz in akribischer Kleinarbeit darlegte
… wie die Justiz in akribischer Kleinarbeit darlegte
NOGER Manfred / dpa Picture Alliance / picturedesk.com

Um welche Uhr geht es da?
Um eine Patek Philippe Nautilus Chronograph in Roségold, Referenz 5980R-001. Das Modell mit Automatikwerk wurde von 2010 bis 2024 produziert und kostete zuletzt etwa 76.000 Euro. Wie die meisten "Nautilus"-Modelle, kostet auch dieses Modell auf dem Sekundärmarkt inzwischen mehr als den seinerzeitigen Listenpreis. Aktuell ist die Uhr gebraucht nicht unter 90.000 Euro zu finden.

Und weiter?
Es gibt zahlreiche Fotos aus den Jahren nach der angeblichen Schenkung, auf denen Benko das außergewöhnliche Modell selbst trägt. Die Staatsanwaltschaft hat eigens eine Foto-Dokumentation erstellt die beweisen soll, dass die Uhr auch nach Weihnachten 2021 von René Benko regelmäßig getragen worden ist und deshalb weiterhin ihm gehörte.

Was sagte der Angeklagte bisher dazu?
Er habe sich die Uhr von seinem Sohn ausgeborgt. Einmal, stellte sich vor Gericht heraus, nur einen Tag nach der Übergabe an eines der Kinder.

Was ist mit dem Bargeld?
Es wird von den Ermittlern ebenfalls René Benko zugeordnet, auch wenn dieser das bestreitet. Da sich aber bei der Hausdurchsuchung auch eine Kiste mit der Aufschrift "Nathalie Jagd" fand, in der sich unter anderem 60.000 Euro Bargeld befanden, geht man bei der WKStA davon aus, dass es sich bei den 60.000 Euro um einen "Notgroschen" von Frau Benko gehandelt hat und das Geld im Safe ihrem Mann gehört.

Worauf plädierte das Ehepaar Benko?
Sie bestritt die Vorwürfe.

Nathalie Benko mit ihrem Anwalt Michael Hohenauer
Nathalie Benko mit ihrem Anwalt Michael Hohenauer
Reuters
Für Rene Benko ging es nach dem Prozess zurück in die Zelle
Für Rene Benko ging es nach dem Prozess zurück in die Zelle
Reuters

Was weiß man über das Ehepaar Benko?
René und Nathalie Benko sind seit 2010 verheiratet und haben drei Kinder. Nathalie Benko ist 42 Jahre alt, gebürtige Schweizerin und hat sich über die Jahre ihr eigenes kleines Immobilienimperium (etwa in Form der Villa Bora auf Ibiza) gezimmert – mit Kapital, das Ehemann René zuschoss, berichtet etwa die Süddeutsche Zeitung. Wie Benko seiner Frau gegenüber überhaupt recht spendabel gewesen sein soll.

Heißt im Klartext?
Benko habe seiner Frau zwischen 2014 und 2023 "anlassbezogene Gelegenheitsgeschenke" für insgesamt 7,9 Millionen Euro gemacht, gab er laut SZ zu Protokoll. Zusätzlich zum Unterhalt von monatlich 10.500 Euro soll sie zwischen 2018 und 2023 außerdem weitere 15,5 Millionen Euro von ihrem Mann erhalten haben. Aus welchen Kassen das Geld kam und ob Interessen von Signa-Anlegern dadurch geschädigt wurden, haben nun die Ermittler zu klären.

Sind die beiden noch eine Ehepaar?
René Benko sitzt seit bald elf Monaten in U-Haft, Nathalie Benko und die Kinder mussten aus der Villa in Innsbruck-Igls ausziehen und wohnen jetzt im Stadtteil Hungerburg. Medial verbreitete Gerüchte, sie hätte die Scheidung eingereicht, klagte Nathalie Benko zuletzt in mehreren Medienprozessen (die Urteile sind noch nicht rechtskräftig).

Das vornehme Chalet N in Oberlech am Arlberg wurde zwar "nur" nach Nathalie Benko benannt, sie besitzt aber auch ihr eigenes kleines Immobilien-Imperium
Das vornehme Chalet N in Oberlech am Arlberg wurde zwar "nur" nach Nathalie Benko benannt, sie besitzt aber auch ihr eigenes kleines Immobilien-Imperium
APA-Images / Weingartner-Foto

Aber gesehen haben sich die beiden in den elf Monaten schon, oder?
Nein, es kam am Mittwoch zum ersten Wiedersehen seit elf Monaten. Denn Nathalie Benko war es vom Gericht untersagt, ihren Mann in der U-Haft zu besuchen. Auch zu den Kindern war der Kontakt verboten.

Was passierte am Mittwoch?
Knapp vor 17.30 Uhr, nach nur eineinhalb Stunden Beratung, wurden die Urteile gesprochen. Renè Benko wurde zu 15 Monaten bedingter Haft und einer Geldstrafe von rund 4.300 Euro verurteilt.

Warum?
Wegen zweier Uhren und den Manschettenknöpfen. Vor allem die teure Patek Philippe Nautilus sei laut Gericht eindeutig Benko zuordenbar. Als Geschenk an die Kinder seien die Chronometer in diesen Fällen nicht glaubwürdig. Hinsichtlich der 120.000 Euro Bargeld gab es hingegen einen Freispruch.

Ist das Urteil milde?
Da es "nur mehr" um einen Schaden von rund 100.000 Euro ging, verringerte sich das Strafmaß deutlich.

Und Nathalie Benko?
Für sie gab es einen Freispruch. Es habe "sehr wohl Verdachtsmomente gegeben", begründete die Richterin das Urteil. Vor allem der  Zeitpunkt der Tresor-Anschaffung sei auffällig. Es lägen aber nicht genug Beweise vor, die einen Schuldspruch rechtfertigen würden.

Martin Kubesch
Akt. 11.12.2025 00:22 Uhr