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lokale kritik

Wenn Tapas aus allen Nähten platzen, dann isst es, wie es ist

Im "Lola" sind die Portionen groß, der spanische Akzent ist echt und der Urlaub zum Anbeißen nah. Der Connaisseur ist für eine lokale Kritik in der Wiener Innenstadt, Die Cuisinière isst dieses Mal nicht mit, dafür hat die "beste aller Ehefrauen" schon vorgekostet.

Könnte auch in Südspanien sein: Die Tapas-Bar "Lola" in der Wiener Innenstadt
Könnte auch in Südspanien sein: Die Tapas-Bar "Lola" in der Wiener InnenstadtJagor Jovic

Zwischen Stephansdom und Schwedenplatz ein Stück Spanien: Im "Lola" in der Gonzagagasse glänzen vor der Tür gleich zwei knallrote Tafeln. Drinnen bestätigt sich, was der Guide mit seinem Bib-Gourmand für "Bestes Preis-Leistungs-Verhältnis" verspricht: ein Bistro mit der Seele einer spanischen Tapas-Bar, lebhaft, eng gestellt, hohe Decken, Bar als Blickfang.

Schon beim Eintreten klingt der spanische Akzent von Paco und Reme wie das Boarding-Signal nach Malaga. Sie sind aufmerksam, flink, charmant – und erklären geduldig jedes Gericht, weil wir in Wien sitzen, und nicht in einer Bodega in Cordoba oder Granada, wo die Gastgeber herkommen. "Ihr wollt nur ein bisschen was zum Teilen?", fragt Paco und lächelt wissend. Die Cuisinière, dieses Mal nur bei der Nachbesprechung dabei, hätte da wahrscheinlich schon geahnt, was kommt.

Abgesehen von der opulenten Bar ist die Deko im "Lola" auf das Wesentliche reduziert
Abgesehen von der opulenten Bar ist die Deko im "Lola" auf das Wesentliche reduziert
cuicon.at

Die Karte liest sich klassisch: Pan con Tomate, Pulpo a la Gallega, Patatas bravas, Mojama, schließlich Crema Catalana zum Finale. Der Connaisseur merkt schnell, dass Tapas hier keine Häppchen, sondern veritable Hauptgerichte sind. Der Oktopus (25,70 €) kommt auf einer Kartoffelcreme, weich, kräftig paprikarot; die Patatas bravas (14,90 €) sind eine stattliche Berglandschaft aus knusprigen Erdäpfeln, Aioli und scharfer Sauce.

Die Cuisinière erkennt sofort ihre Chance, sich auf wichtig einzumengen: "Ja, Wahnsinn, der Pulpo hat ja aber wirklich nichts mit der gängigen Tapas-Portion zu tun." Und geizt nicht mit guten Ratschlägen: "Bei dem Preis hättest du auch hellhörig werden können." Er murmelt nur "oberg'scheit …", was sie geflissentlich überhört.

Die luftgetrocknete Mojama de Atún (17,20 €) wirkt salzig-konzentriert, mit Honig und Rucola zum Selberdosieren. Das Brot mit Tomate 6,20 €) spielt im Lola eher rustikale Unterlage, weniger filigrane Begleitung. "Du meinst Pa Amb Tomàquet?", wichtelt sie weiter. Da wird Der Connaisseur zum Polyglott: "Das ist katalanisch, Andalusien is a bissi woanders!", rekurriert er auf die Herkunft der Wirtsleute.

Von früheren Besuchen der besten aller Ehefrauen weiß Der Connaisseur, dass das Flamenquín, ein traditionelles Gericht aus Andalusien, sensationell sein muss. Der "kleine Flame", von flämischen Söldnern im 16. Jahrhundert inspiriert, heißt diese Rolle aus dünnen Scheiben Schweinefleisch, die mit Schinken gefüllt, paniert und anschließend frittiert wird.

Das "Lola"-Team: Francisco Manuel Medina Muñoz (Fran), Remedios Tinoco Maraver (Reme) und Francisco Maldonado Sánchez (Paco, v. l.)
Das "Lola"-Team: Francisco Manuel Medina Muñoz (Fran), Remedios Tinoco Maraver (Reme) und Francisco Maldonado Sánchez (Paco, v. l.)
MariCruz Pedregal
Der vermeintliche Tapas-Pulpo (l.) spielt sich groß auf, der Thunfisch bleibt dezent
Der vermeintliche Tapas-Pulpo (l.) spielt sich groß auf, der Thunfisch bleibt dezent
cuicon.at

Aufgrund der Größe der eingangs genossenen “Häppchen" muss sich Der Connaisseur auf die Einschätzung der (mittlerweile gut eingeschulten) Frau Gemahlin verlassen. "Wenn ich jetzt noch Flamenquín bestelle, brauche ich einen eigenen Bib – nur für den Bauchumfang", stöhnt er. "Seit wann bist du so kleinspeisig", schreckt sich Die Cuisinière ob seiner ihr unbekannten Nahrungs-Verweigerung.

Im Glas: vor allem Weiß – etwa Ramón Bilbao Verdejo (6,10 € / 34,60 €), frisch, zitronig und unkompliziert, perfekt zum Teilen der üppigen Teller. Auf der Tafel reihen sich weitere Spanier aus Rueda, Ribera del Duero & Co., ganz im Sinne des Hauses, das seinen Gästen eine kleine Reise nach Spanien verspricht, ohne Wien verlassen zu müssen. Die Preise bleiben fair.

So schaut er aus, der Flamenquín: Sie hätten ihn gern probiert, aber leider …
So schaut er aus, der Flamenquín: Sie hätten ihn gern probiert, aber leider …
Lola

Dass der Bib-Gourmand seit 2023 Jahr für Jahr verlängert wird, überrascht den Connaisseur nicht: Hier stimme die Gleichung aus Preis, Quantität und Qualität. Die Küche bleibt traditionell, ohne Chi-Chi – genauso, wie es der Michelin als "good quality, good value cooking" beschreibt.

Die Cuisinière fasst zusammen: "'Lola' ist also keine filigrane Tapa-Bar, sondern ein Ort für hungrige Spanien-Sehnsüchtige, die gerne teilen – und trotzdem satt werden. Endlich stimmt ihr Der Connaisseur wieder einmal zu. Wer "nur schnell eine Kleinigkeit" will, bestellt besser vorsichtig oder bringt Verstärkung mit. Wer "Urlaub im Kopf" brauche, lässt sich von Akzent, Pulpo und Patatas bereitwillig überreden. "Und du hast an der Rechnung gemerkt, dass der Bib-Gourmand hier auch ein bisschen Bauch-Investitions-Berater ist?!", wird Die Cuisiniere wieder mal zur Phonetikerin. Und behält – gottlob – das letzte Wort.

Die Erwähnung aus 2023 wurde 2025 zum vollwertigen Michelin-Bib
Die Erwähnung aus 2023 wurde 2025 zum vollwertigen Michelin-Bib
cuicon.at

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Die Cuisinière & Der Connaisseur

  • Die Cuisinière & Der Connaisseur arbeiten schon länger projektweise zusammen, haben sich zusammengetan, um über das Essen zu reden. Und seit geraumer Zeit auch für Newsflix darüber zu schreiben, und damit einen Beitrag zur kulinarischen Lebensqualität und gastrosophische Erwachsenenbildung zu leisten. "Die kultigen Gourmet-Kritiker" (OT Christian Nusser) bilden ein unvergleichliches Duo, das die kulinarische Welt bisweilen aus einer etwas anderen Perspektive betrachtet. Sie bringen frischen Wind in die gelegentlich bierernste Gastrokritiker-Szene und servieren witzige und kulinarische Erkenntnisse und sonstige Wichtigtuereien satirisch auf den Tisch und ins Netz! Dabei verbinden sie Expertise und Humor zu einer Mischung, die ihresgleichen sucht. Ihr Motto? Es ist, wie es isst!
  • Die Cuisinière ist Jacqueline Pfeiffer, Grand Master Chef, war Kochlöffel in diversen Hauben- und Sterne-Hütten in Mitteleuropa ("Adlon", Gstaad, "Marc Veyrat" usw.), irgendwann "Köchin des Jahres" und hatte in den 10er-Jahren im Wiener "Le Ciel" (nach neuer Gault Millau-Zeitrechnung) vier Hauben erkocht. Nunmehr ist sie als Enjoyment-Consultant mit ihrem PfeiffersGiG selbst kochend fast ausschließlich im diskreten gastronomischen Spitzenbereich oder als Coach und Beraterin einiger Gastronomiebetrieben tätig und schwingt den Kochlöffel meist nur mehr im diskreten Private Cooking.
  • Der Connaisseur heißt Wolfgang Fischer, war Journalist und Medienmanager, zehn Jahre CEO der Wiener Stadthalle, nunmehr Geschäftsführer der DDSG Blue Danube, bester Freund von Admiral Duck – und Gourmet wie Gourmand seit Jahrzehnten. Also ein klassisch übergewichtiger weis(s)er alter Mann.

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