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Kopfnüsse

Die Medienkrise und 10 unbequeme Wahrheiten, die keiner hören will

Ab sofort ist das Mediensterben keine abstrakte Prognose mehr, sondern Gegenwart. Es betrifft keine KI, sondern echte Menschen. Warum lügen jetzt nicht weiterhilft. Was Medien und Autos gemeinsam haben. Was Verlage von Skiliften lernen können. Und von Bauern.

Eine neue Studie soll Medienminister Andreas Babler jetzt die Augen öffnen
Eine neue Studie soll Medienminister Andreas Babler jetzt die Augen öffnenReuters
Newsflix Kopfnüsse
Akt. 26.10.2025 10:20 Uhr

Am Freitag war zum ersten Mal "Last Christmas" im Radio zu hören. Jetzt müssen wir uns nur noch durch den Nationalfeiertag, die Herbstferien, Halloween, Allerheiligen und Leopoldi durchwursteln, dann macht es richtig Wham. Ö3 stimmte uns heuer sehr früh mit einem Weihnachtslied, das kein Weihnachtslied ist, auf Weihnachten ein.

Aber das Leben ist eben nicht immer voller Lametta. Dieser Tage war ich in einem Supermarkt Augenzeuge einer Kontroverse zwischen einer Mutter und ihrem Sohn, er wird so um die acht Jahre alt gewesen sein. Die Szene wirkte etwas bizarr, denn der Bub stand mit einer Banane in der Hand da. Er hielt sie so wie der Pfarrer bei der Fronleichnams-Prozession in Mariazell die Monstranz.

Der Stöpsel hatte die Bananen-Monstranz der Fachabteilung für Obst und Gemüse entnommen, offenkundig ohne Zustimmung seiner Erziehungsbeauftragten. Die Mutter fand das übergriffig, bei Schoko-Überraschungseiern scheint mir die elterliche Brandmauer in der Regel weniger Ziegelreihen zu haben.

Es entbrannte eine Debatte darüber, ob die Banane zurückgelegt werden soll (Version Mutter) oder nicht (Version Bub). Der Dialog, den die Banane mit großem Gleichmut ertrug, wogte eine Zeitlang hin und her, schließlich stapfte der Achtjährige aufgebracht in die Fachabteilung für Obst und Gemüse und legte die Banane dort ab.

Dann zog er grummelnd den Gang entlang, bedachte seine Mutter dabei aber nicht mit einer Berufsbezeichnung aus der Fachabteilung Rotlicht, er schimpfte auch nicht "fuck, fuck, fuck" wie das junge Leute heute gerne machen. Nein, er sagte wutschnaubend: "eine Unverschämtheit".

Ich hoffe, seine Mutter hat ihm an der Kasse zur Belohnung für die erlesene Wortwahl irgendein picksüßes Glumpert gekauft.

Tirols Landeschef Anton Mattle, Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Brenner-Basistunnels: Bei Alexander Van der Bellen gehören die Ärmel ein bisschen gekürzt ...
Tirols Landeschef Anton Mattle, Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Brenner-Basistunnels: Bei Alexander Van der Bellen gehören die Ärmel ein bisschen gekürzt ...
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... und es gab offenbar nicht für alle Stiefel (dafür hat Frist Lady Doris Schmidauer den Helm lustig auf)
... und es gab offenbar nicht für alle Stiefel (dafür hat Frist Lady Doris Schmidauer den Helm lustig auf)
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Mir gefallen solche Alltags-Banalitäten ja, auch wenn es sich in diesem Fall streng genommen um eine Bananalität handelte.

In meinen Postkasten daheim ist noch keine Banane eingezogen, aber inzwischen eine Spinne, wir haben sie Thekla getauft. Thekla hat komfortabel Platz, sie wird weiter nicht durch allzu viele Poststücke bedrängt.

Ich habe in der Vorwoche hier erzählt, dass ich wegen einer Übersiedlung einen Nachsendeauftrag eingerichtet habe. Dem wird nicht zur vollen Zufriedenheit entsprochen, im Briefkasten macht es weiter selten Wham.

Der aktuelle Podcast jetzt mit meiner KI-Stimme

Die Situation hat sich nur insofern verändert, als die Post noch immer nicht regelmäßig an der neuen Adresse ankommt, nun aber auch nicht mehr an der alten. An der neuen Adresse wurde der Mangel diese Woche dadurch kompensiert, dass mir die Post vom Nachbarn zugestellt wurde, das machte auch was her.

Die Post hat mir bekanntlich angeboten, den Nachsendeauftrag kostenfrei um drei Monate zu verlängern. Ich neige dazu, die Offerte anzunehmen. Thekla wird die Ruhe zu schätzen wissen. Ich werde sie bei Gelegenheit darauf ansprechen.

Die richtige Ansprache ist im Leben öfter von Bedeutsamkeit. In dieser Woche fand am Wiener Landesgericht eine Verhandlung im Nachgang zum Tod von Christian Pilnacek statt. Der Sektionschef war vor zwei Jahren in der Donau ertrunken. Peter Pilz, Ex-Politiker und nunmehr Herausgeber des Portals Zack Media, schrieb ein Buch über die seiner Meinung nach schleißigen Polizei-Ermittlungen dazu.

Dagegen klagte Bundespolizeidirektor Michael Takacs. Die Gemeindeärztin, die den Tod Pilnaceks festgestellt hatte, war als Zeugin geladen. Sie hatte am Tatort eine nähere Totenbeschau empfohlen, das traf nicht auf ungeteilte Begeisterung. Also griff sie zum Handy und rief die Staatsanwältin an. Das Gespräch eröffnete sie laut Eigenangabe so: "Schnucki, wir brauchen eine Obduktion."

So lustige Pelzhauben haben sie bei mir daheim im Buckingham Palace Wiener Neustadt nicht
So lustige Pelzhauben haben sie bei mir daheim im Buckingham Palace Wiener Neustadt nicht
Reuters

Auch beim Medienwesen in Österreich könnte bald eine Obduktion anstehen. In den vergangenen Tagen häuften sich die Hilferufe nach lebensrettenden Maßnahmen, einige Verlage haben auch Sparpakete angekündigt oder beschlossen. Der Branche steht das Wasser bis zum Hals, es ist nur unklar, ob von oben oder von unten.

Die Debatte über den nötigen Defibrillator-Einsatz beim kränkelnden Patienten wird in Österreich wie gewohnt nach Lehrbuch geführt. Es gibt die Guten und die Bösen, die Überlebensnotwendigen und die Überflüssigen, die Staatstragenden und die Staatszersetzenden. Viele, die sich an der Diskussion beteiligen, sprechen über das große Ganze, meinen aber eigentlich die Sanierung ihres eigenen Kleinods.

Das wird zu nichts führen. Die üblichen Maßnahmen, den Hahn aufzudrehen und das Gewerbe mit Geld aus Inseraten oder Förderungen zu fluten, kann höchstens für nasse Füße sorgen. Es ist kein Geld da und wenn Geld da wäre, dann wäre es zu wenig. Und selbst wenn man das wenige Geld in die Hand nehmen würde, wäre es vermutlich falsch eingesetzt.

Es ist an der Zeit, ein paar Wahrheiten auszusprechen. Der Zustand, in dem sich die Medienlandschaft befindet, ist ja nicht die Folge einer himmlischen Fügung. Sie ist die Konsequenz eines gemeinschaftlichen Versagens von Politik, Verlegerschaft, Journalismus, Verbänden, Vereinen, und von allen darüber hinaus, die sich in diesem Biotop tummeln, und das über Jahre.

Das mag niemand gern hören, aber ich sage das trotzdem in aller Klarheit, denn es muss auf den Tisch, was auf den Tisch muss. Es ist einen Versuch wert. Wer in Schönheit stirbt, ist auch ganz schön tot.

Sie sind der Staatssekretär von Beate Meinl-Reisinger? Mein Beileid!
Sie sind der Staatssekretär von Beate Meinl-Reisinger? Mein Beileid!
Außenministerium, Michael Gruber

Wahrheit 1: Vielleicht hat alles keinen Sinn

Das soll jetzt nicht gleich zu Beginn die Motivation rauben, aber wir dürfen nicht blauäugig sein: das Umfeld ist, sagen wir einmal, fordernd.

Am 6. März 2012 veröffentlichte der deutsche Journalistik-Professor Klaus Meier auf seinem Blog eine Trendberechnung. Sie wurde damals vielfach eher unter dem Blickwinkel schauriger Unterhaltung wahrgenommen, tatsächlich war sie ein Warnschuss.

Meier hatte eine Excel-Liste mit den Auflagenzahlen deutscher Tageszeitungen ab 1992 ausgearbeitet. Als Kurve dargestellt zeigte sich ein klarer Trend nach unten. 1992 betrug die Auflage noch 26 Millionen Tageszeitungen, 2011 nur mehr 18,8 Millionen. Das echte Leben hielt sich ziemlich exakt an die Prognose.

Das Verblüffende war: das blieb einigermaßen so. Für 2022 sagte Meier 11 Millionen Stück voraus, es wurden 12 Millionen. Schluss mit lustig war aber, als seine Statistik auswarf: Im Jahr 2034 erscheint die letzte gedruckte Tageszeitung.

Soll ich Ihnen am Rücken einen Taucher geben, damit sich die Operation ordentlich auszahlt?
Soll ich Ihnen am Rücken einen Taucher geben, damit sich die Operation ordentlich auszahlt?
Bundeskanzleramt, Florian Schrötter

In den vergangenen Tagen wurden mehrere Studien publiziert, die den aktuellen Zustand des Medienmarkts in den USA abbildeten. Der MEDILL Bericht "State of Local News 2025" zeigte: Seit 2016 hat das Land 40 Prozent seiner lokalen Zeitungen verloren, 3.300 Publikationen. In den vergangenen zwölf Monaten wurden 130 Zeitungen geschlossen – über zwei pro Woche.

In den USA gibt es immer mehr Nachrichtenwüsten. Wenn Printprodukte eingestellt werden, folgt ihnen nicht immer zwingend ein Digitalprodukt nach. Oft existiert dann gar nichts mehr. Keine Zeitung, keine TV-Station, kein Internet-Medium.

In den USA gibt es 3.144 Countys. In 213 dieser Landkreise findet sich kein lokales Medienerzeugnis mehr, in 1.524 Countys lediglich ein einziges. 50 Millionen Amerikaner haben nur noch einen eingeschränkten oder gar keinen Zugang zu lokalen Nachrichten. Zwischen 2022 und 2023 verschwanden mehr als 7.000 Arbeitsplätze bei Zeitungen.

Die schlechte Nachricht ist also, dass Österreich im internationalen Trend liegt. Die gute, dass wir nicht allein sind.

Der schwedische Migrationsminister Johan Forssel und Innenminister Gerhard Karner: Eins ...
Der schwedische Migrationsminister Johan Forssel und Innenminister Gerhard Karner: Eins ...
Helmut Graf
... zwei ...
... zwei ...
Helmut Graf
... meins
... meins
Helmut Graf

Wahrheit 2: Seien wir ehrlich, braucht uns noch irgendwer?

Wer sich der Realität annähern möchte, sollte sich ein paar harten Fragen stellen. Etwa: Sind unsere Produkte noch gut genug? Sind sie zeitgemäß? Machen wir sie für die Leserschaft oder doch eher für uns?

Natürlich sind Medien für eine Demokratie essenziell, ihr Fehlen fällt erst auf, wenn sie nicht mehr da sind. Aber abonniert jemand wirklich eine Zeitung, weil er das Abendland retten will?

Ordentlich gemachte Medien schauen Mächtigen auf die Finger, erklären politische Entscheidungen, blicken hinter die Kulissen, bringen die Welt ins Wohnzimmer, analysieren und unterhalten. Das scheint nicht mehr zu genügen, ich sage das nicht aus Jammerei, sondern als Feststellung.

Es gelingt Medien zunehmend schlechter, den Menschen ihre Daseinsberechtigung zu erklären. Nachrichten gibt es im Überangebot, die Unterscheidbarkeit ist gering, Exklusivität selten und wenn, bleibt sie kurzatmig. Kolumnisten, die für sich allein Kundschaft anlocken, sind dagegen Mangelware.

Es wird nicht viel nutzen, Menschen um Kauf oder Entnahme zu bitten. Wer nicht von sich aus das Bedürfnis entwickelt, eine Zeitung in seinem Leben haben zu wollen, ist als Leser verloren. Es liegt an den Medien, dieses Bedürfnis zu wecken.

So, jetzt schaue ich einmal, ob ich die Hand von dem Schweden treffe ...
So, jetzt schaue ich einmal, ob ich die Hand von dem Schweden treffe ...
Helmut Graf
... das ist eigentlich ein recht fescher Kerl für einen Südeuropäer
... das ist eigentlich ein recht fescher Kerl für einen Südeuropäer
Helmut Graf

Wahrheit 3: Jede Analyse beginnt bei der eigenen Nasenspitze

Warum sind Menschen bereit, bis zu 80 Euro zu zahlen, um einen Tag lang mit dem Skilift auf den Berg gebracht zu werden? Warum empfinden aber dieselben Menschen den Preis für das Abo einer Zeitung als unanständig hoch?

Warum war das neue iPhone 17 nach der Markteinführung in Österreich vergriffen, obwohl es 949 Euro kostet? Und warum hat niemand den Preis in Frage gestellt?

Wer sich die Kleine Zeitung bestellt, zahlt regulär derzeit 43,80 Euro im Monat. Dafür bekommt man 7 Tage in der Woche die Printausgabe vor die Tür gelegt, sehr grob gerechnet 1.500 Seiten bedrucktes Papier zum halben Preis eines Tages-Skikarte.

Warum also?

Weil immer mehr Menschen offenbar der Überzeugung sind, mit dem Erwerb der Zeitung kein gutes Geschäft zu machen. Man kann nun natürlich den Menschen die Schuld daran geben. Ehrlicher wäre es, die Wertigkeit des eigenen Produkts zu hinterfragen (die Kleine soll hier um Gottes willen nicht an den Pranger gestellt werden, sie ist nur ein Beispiel).

Denn wenn es uns nicht gelingt, Medien zu Skipässen und iPhones zu machen, ist alles andere primär, um es mit einem prominenten Fußballer zu sagen.

Der ist lustig, der österreichische Innenminister, vielleicht können wir ein Ikea-Möbelstück nach ihm benennen
Der ist lustig, der österreichische Innenminister, vielleicht können wir ein Ikea-Möbelstück nach ihm benennen
Helmut Graf

Wahrheit 4: Wer sich auf die Politik verlässt, ist verlassen

Laut Gewerkschaft sind derzeit 1.000 Journalistinnen und Journalisten beim AMS arbeitslos gemeldet. Es gibt keinen Anlass zur Hoffnung, dass sich die Zahl verringert, eher das Gegenteil wird passieren.

Das Konzept, alle Hoffnungen auf die Politik zu setzen, wird scheitern. Es fehlt schlicht an der Idee. Medienminister Andreas Babler will nun erst einmal den Markt evaluieren lassen, in dieser Woche ließ er sich über den Umweg Parlament selbst damit beauftragen.

Ich rechne mit validen Ergebnissen frühestens im Herbst 2026. Die Studie wird zu denselben Ergebnissen kommen wie all die Dutzenden davor (und vielleicht auch vom selben Personenkreis erstellt werden). Einigen Medienerzeugnissen wird man die Erkenntnisse ins Grab nachwerfen können.

Die Umfragen für meine ÖVP sind derzeit nicht gerade berauschend ...
Die Umfragen für meine ÖVP sind derzeit nicht gerade berauschend ...
Helmut Graf

Wahrheit 5: Niemand mehr gönnt Medien Geld

Mir konnte noch nie jemand erklären, warum Geld aus Inseraten schlechtes Geld sein soll und Geld aus Förderungen gutes Geld. Beides stammt aus derselben Steuerquelle, auf beidem hat die Politik die Hand drauf. Aber seltsamerweise soll Inseratengeld abhängig machen und Fördergeld frei.

Nun lässt sich argumentieren, dass Förderungen an Qualitätsprodukte fließen und nach genau festgelegten Kriterien durch einen Expertise-Beirat vergeben werden könnten. Guter Gedanke, leider brüchig. Ich überspringe jetzt einmal die Frage, ob jedes Produkt, das sich selbst Qualität zuschreibt, auch tatsächlich Qualität liefert.

Aber spätestens seit der Affäre um August Wöginger weiß man, dass Gremien, die Entscheidungen über Geld und Beförderungen fällen, politisch kreativ besetzt werden können. Nicht alles, was sauber aussieht, ist auch rein.

Sollte die FPÖ den nächsten Regierungschef stellen, kann sie zudem die Qualitätskriterien einer Neubewertung unterziehen. Geld bekommt dann nicht mehr, wer Frauen fördert, Korrespondenten bezahlt und beim Presserat Mitglied ist, sondern wer übers Schuhplatteln schreibt, nicht gendert und die Bundeshymne ohne Töchterstrophe singt. Klingt absurd? Abwarten!

Was vorerst als gescheitert angesehen werden kann, ist die Strategie, Geld von A nach B zu schaufeln. Also dem Genre "Boulevard" Inseratengeld zu entziehen und es stattdessen dem Genre "Qualität" als Fördergeld zuzuführen.

Jetzt ist beides weg. Und ein paar Marktteilnehmer mussten feststellen, dass sie selbst gar nicht so geringe Summen aus der öffentlichen Reklame erhalten haben. Das Geld entschied in der Bilanz oft zwischen Leben und Tod.

... die Umfragen für die SPÖ sind auch nicht berauschend, aber ab jetzt mache ich sie auf SPÖ eins selber ...
... die Umfragen für die SPÖ sind auch nicht berauschend, aber ab jetzt mache ich sie auf SPÖ eins selber ...
Helmut Graf

Wahrheit 6: Die Transformation hat nie stattgefunden

Seit 2022 ermuntert die Regierung Medienhäuser finanziell, den Weg in die Digitalisierung zu beschreiten. Sie sollen also zumindest am Papier nicht mehr auf Papier setzen.

Es wurde ein Fonds zur Förderung der digitalen Transformation eingerichtet, für die Periode 2025-2026 stehen 20 Millionen Euro zur Verfügung. Die Abwicklung obliegt der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR).

Anspruch auf eine Förderung haben aber nur "Medienunternehmen, die Zeitungen gestalten" und von "nicht bloß lokaler Bedeutung" sind. Um digitale Produkte entstehen zu lassen, werden also Papierprodukte gefördert, damit aus ihnen Digitalprodukte werden. Ein Kap der guten Hoffnung.

Neue Medien und Mediengattungen wie Podcasts sind auf einem solchen Markt chancenlos. Die Frage ist: Wollen Politiker überhaupt transformierte Medien? Oder ist ihnen der überschaubare derzeitige Markt lieber?

Die Gestaltung der Förderungen bringt zumindest die Kreativität in Schwung. 2024 wurden laut Jahresbericht 117 Projekte unterstützt, heuer waren es bisher 84. Viele tragen erhabene, aber nichtssagende Namen, das Wort KI kommt häufig vor. Das klingt schon einmal geil.

Österreichs Medien erinnern in ihren Transformations-Bestrebungen an die deutsche Autoindustrie. Papier gegen Digital ist ein ähnlicher Abwehrkampf wie Benzin gegen Elektro.

... und ich rausche sowieso gleich wieder ins Ausland ab
... und ich rausche sowieso gleich wieder ins Ausland ab
Helmut Graf

Wahrheit 7: Gegen den ORF kämpfen ist möglich, aber sinnlos

Der ORF hat 2024 über Gebühren 732,2 Millionen Euro eingenommen, 56 Millionen Euro mehr als mit der GIS. Dazu kamen 198,2 Millionen aus der Werbung. Der ORF erhält mit großem Abstand auch das meiste öffentliche Inseratengeld. Finanziell müssen wir uns keine allzugroßen Sorgen machen.

Mit dem vielen Geld macht der ORF momentan vieles richtig, oft gelingen ihm sogar Zauberkunststücke. Auf der "blauen Seite" orf.at finden sich nach der Reduktion jetzt mehr redaktionelle Inhalte als davor.

Die Zeitungsverlage kommen ungefähr 15 Jahre zu spät, um gegen den öffentlich-rechtlichen Sender noch ins Feld ziehen zu können. Sie stehen einem Koloss gegenüber, der 3.903 Angestellte und freie Mitarbeiter hat. Natürlich arbeiten nicht alle journalistisch, aber nur zum Vergleich: die Krone-Redaktion zählt rund 300 Köpfe.

Der ORF könnte nur Opfer seines eigenen Erfolgs werden. Es kann passieren, dass alles picobello fertig ist, die FPÖ kommt, etwas Personal tauscht und ab da die bestgeölte Medienorgel des Landes betreibt.

Wenn der ORF nicht vorher auf die Verlage zugeht und die Medienkrise als gemeinschaftliches Problem erkennt, wird er als Blaufunk allein dastehen, wenn es um seine Verteidigung geht. Die einen Verlage werden nicht wollen, die anderen nicht mehr da sein.

Peter, kannst du bitte kurz auf meine Tasche aufpassen, ich muss nachschauen, ob der Benko noch im Häfn ist?
Peter, kannst du bitte kurz auf meine Tasche aufpassen, ich muss nachschauen, ob der Benko noch im Häfn ist?
Sabine Hertel

Wahrheit 8: Es glaubt kaum noch wer an das eigene Produkt

Wenn ich in Medienrunden sitze, staune ich oft. Durchaus viele Journalistinnen und Journalisten tragen ein negatives Bild über ihr eigenes Produkt nach außen. Es ist wie bei einem Hotelier, der Gästen sagt, seine Zimmer seien furchtbar, aber sie mögen trotzdem bitte kommen.

Ein gutes Produkt zu machen und dann an das Produkt zu glauben, sind Grundvoraussetzungen für Erfolg. Die Leserschaft hat ein Sensorium dafür, ob eine Redaktion für die Gestaltung eines Mediums brennt oder lediglich darauf schaut, dass zwischen den Texten und Bilder keine weißen Flecken entstehen.

Man muss dieses Selbstbewusstsein haben, darf es aber nicht mit Eitelkeit verwechseln. Davon ist reichlich da.

Ich schwöre dir, Leonore, es wird keinem Lurch ein Härchen gekrümmt ...
Ich schwöre dir, Leonore, es wird keinem Lurch ein Härchen gekrümmt ...
Sabine Hertel
... ich glaube, der weiß gar nicht, dass ein Lurch keine Haare hat
... ich glaube, der weiß gar nicht, dass ein Lurch keine Haare hat
Sabine Hertel

Wahrheit 9: Viele Verbände verderben den Brei

Natürlich gibt es für Österreichs Zeitungen nicht einen Verband, sondern zwei. Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) vertritt 12 Bezahl-Tageszeitungen und 38 Magazine. Der Verband der Regionalmedien Österreichs (VRM) vertritt 240 Gratis- und Bezirkszeitungen mit einer Auflage von rund 8 Millionen Stück.

Weil der VÖZ die Medien des VRM nicht als Medien anerkannt hat, haben die Medien des VRM keinen Kollektivvertrag. Es wird natürlich auch nicht gemeinschaftlich gegen die Medienkrise vorgegangen, der VÖZ macht das lieber allein.

Es gibt selbstredend auch Medienhäuser, die in beiden Verbänden Mitglied sind, also bei den Zeitungen und bei den Nicht-Zeitungen. Die kämpfen dann gemeinschaftlich und allein gegen die Medienkrise.

Darüber hinaus existieren noch allerlei andere Gremien, Vereine, Räte, es wird auf unzähligen Veranstaltungen von den Medientagen abwärts fortlaufend über die triste Lage debattiert.

Das Einzige, was nicht zu hören ist, das ist eine gemeinsame, machtvolle, laute Stimme gegen die Medienkrise. Nicht einmal einen kollektiven Piepston gibt es.

Leonore, der Hanke Peter meint mit Lurch den Dreck unter den Möbeln
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Sabine Hertel

Wahrheit 10: Wir fühlen uns gut, wenn es dem anderen schlecht geht

Ich habe noch kein Billa-Inserat gesehen, in dem Spar vorgeworfen wird, wurmstichige Krauthappeln zu verkaufen. Ich kenne keinen Bauern, der sich öffentlich darüber aufregt, dass ein anderer Bauer mehr Subventionen bekommt als er. Unter Medien gehört Haxlbeißerei zum guten Ton.

Es hat sich eine Kultur der Herabwürdigung etabliert. Die Idee scheint zu sein, wenn die Menschen den anderen schlecht finden, dann finden sie mich gut. Das ist ein Irrglaube. Das Image eines Marktteilnehmers färbt immer auf den gesamten Markt ab.

Es ist auch einigermaßen weltfremd zu denken, dass die Welt ohne Boulevard eine bessere ist. Ordentlich gemachter Boulevard kann ein gesellschaftlicher Kitt sein. Wenn er weg ist, geht die Leserschaft nicht am nächsten Tag zum Kiosk und holt sich dort die Financial Times oder den Economist. Die taucht auf schwummrige Seiten im Internet ab und auf Telegram.

Die frühere Außenministerin Ursula Plassnik sprach dieser Tage in einem Profil-Kommentar diese Negativspirale an. Gebraucht würden jetzt nicht Abizahrer, sondern Anpacker, schreibt sie. "Innere Haltung: 'GnaKo' – gnadenlose Konstruktivität." Nichts hinzuzufügen.

Ich wünsche einen unverschämt wunderbaren Nationalfeiertag. Wenn Sie heute glauben, es ist 10 Uhr, dann ist es vielleicht 9 Uhr oder 11 Uhr. Seit der Nacht gilt wieder die Winterzeit, es wird also früher hell und früher dunkel, vielleicht aber auch nicht. Wir haben jetzt bis 28. März Zeit, das zu klären.

Bis in einer kleinen Weile.

Mit KI-Stimme: Die Nehammer-Memoiren

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Akt. 26.10.2025 10:20 Uhr